∞Des Gegenkaisers Zelt, Thron, reiche Umgebung
∞
Habebald
∞die Waffe nehmend
10795Damit ist es gar bald gethan,
10796Man schlägt ihn todt und geht voran.
10797Du hast soviel schon aufgepackt,
10798Und doch nichts rechtes eingesackt.
10799Den Plunder laß an seinem Ort,
10800Nehm’ eines dieser Kistchen fort!
10801Dies ist des Heers beschiedner Sold,
10802In seinem Bauche lauter Gold.
∞
Habebald
10805Geschwinde duck dich! Mußt dich bücken!
10806Ich hucke dir’s auf den starken Rücken.
∞das Kistchen stürzt und springt auf.
∞
Habebald
10813Und so genug! und eile doch!
∞sie steht auf.
10814O weh die Schürze hat ein Loch!
10815Wohin du gehst und wo du stehst
10816Verschwenderisch die Schätze säst.
∞
Habebald
10819Wir trugen unsre Glieder feil,
10820Und holen unser Beutetheil. –
10821In Feindes-Zelten ists der Brauch
10822Und wir, Soldaten sind wir auch.
∞Trabanten
10823Das passet nicht in unsern Kreis
10824Zugleich Soldat und Diebsgeschmeiß,
10825Und wer sich unserm Kaiser naht,
10826Der sey ein redlicher Soldat.
∞
Habebald
10827Die Redlichkeit die kennt man schon.
10828Sie heißet: Contribution.
10829Ihr alle seyd auf gleichem Fuß:
10830Gieb her! das ist der Handwerksgruß.
∞zu Eilebeute
10831Mach fort und schleppe was du hast,
∞
ab
∞Vierter
10839Wie ich es nicht zu sagen weiß:
10840Es war den ganzen Tag so heiß,
10841So bänglich, so beklommen schwül,
10842Der eine stand der andere fiel,
10843Man tappte hin und schlug zugleich,
10844Der Gegner fiel vor jedem Streich,
10845Vor Augen schwebt es wie ein Flor,
10846Dann summts und saußts und zischt im Ohr.
10847Das ging so fort, nun sind wir da
10848Und wissen selbst nicht wie’s geschah.
∞Kaiser
10849Es sey nun wie ihm sey! uns ist die Schlacht gewonnen,
10850Des Feinds zerstreute Flucht im flachen Feld zerronnen.
10851Hier steht der leere Thron, verrätherischer Schatz,
10852Von Teppichen umhüllt, verengt umher den Platz.
10853Wir, ehrenvoll, geschützt
von eigenen Trabanten,
10854Erwarten Kayserlich der Völker Abgesandten;
10855Von allen Seiten her kommt frohe Botschaft an:
10856Beruhigt sey das Reich, uns freudig zugethan.
10857Hat sich in unsern Kampf auch Gaukeley geflochten,
10858Am Ende haben wir uns nur allein gefochten.
10859Zufälle kommen ja dem Streitenden zu gut,
10860Vom Himmel fällt ein Stein, dem Feinde regnets Blut,
10861Aus Felsenhöhlen tönt’s
von mächtigen Wunderklängen,
10862Die unsre Brust erhöhn, des Feindes Brust verengen.
10863Der Überwundne fiel, zu stets erneutem Spott,
10864Der Sieger, wie er prangt, preist den gewognen
Gott.
10865Und alles stimmt mit ein, er braucht nicht zu befehlen,
10866Herr Gott dich loben wir! aus Millionen Kehlen.
10867Jedoch zum höchsten Preis wend’ ich den frommen Blick,
10868Das selten sonst geschah, zur eignen Brust
zurück.
10869Ein junger muntrer Fürst mag seinen Tag vergeuden,
10870Die Jahre lehren ihn des Augenblicks Bedeuten.
10871Deshalb denn ungesäumt, verbind’ ich mich sogleich
10872Mit euch Vier Würdigen, für Haus und Hof und Reich.
∞zum ersten
10873Dein war o Fürst! des Heers geordnet kluge Schichtung,
10874Sodann, im Hauptmoment, heroisch kühne Richtung;
10875Im Frieden wircke nun wie es die Zeit begehrt,
10876Erzmarschall nenn ich dich, verleihe dir das Schwerdt.10876 Erzmarschall ] 2 IV H.21a Erbmarschall 2 H
(II aa)
10877Dein treues Heer, bis jetzt im Inneren beschäftigt,
10878Wenns an der Gränze dich und deinen Thron bekräftigt,
10879Dann sey es uns vergönnt, bey Festesdrang im Saal,
10880Geräumiger Väterburg, zu rüsten dir das Maal.10880 Väterburg ] 2 IV H.21a Vaterburg 2 H
(II aa)
10881Blank trag ichs dir dann vor, blank halt ich dirs zur Seite,
10882Der höchsten Majestät zu ewigem Geleite.
∞Der Kaiser
∞zum Zweyten
10883Der sich, als tapfrer Mann, auch zart gefällig zeigt,
10884Du! Sey Erzkämmerer, der Auftrag ist nicht leicht.
10886Bey deren innerm Streit ich schlechte Diener finde;
10887Dein Beyspiel sey fortan in Ehren aufgestellt,
10888Wie Man dem Herrn, dem Hof und
Allen wohlgefällt.
∞Erzkämmerer
10889Des Herren großen Sinn zu fördern bringt zu Gnaden,
10890Den besten hülfreich seyn, den Schlechten selbst nicht
schaden,
10891Dann klar seyn ohne List, und ruhig ohne Trug!
10892Wenn du mich, Herr, durchschaust, geschieht mir schon genug.
10893Darf sich die Phantasie auf jenes Fest erstrecken?
10894Wenn du zur Tafel gehst reich ich das goldne Becken,
10895Die Ringe halt ich dir, damit zur Wonnezeit
10896Sich deine Hand erfrischt, wie mich dein Blick erfreut.
∞Kaiser
10897Zwar fühl ich mich zu ernst, auf Festlichkeit zu
sinnen,
10898Doch seys! Es fördert auch frohmüthiges Beginnen.
∞zum Dritten
10899Dich wähl’ ich zum Erztruchseß! Also sey fortan
10900Dir Jagd, Geflügel-Hof und Vorwerk unterthan;
10901Der Lieblingsspeisen Wahl laß mir zu allen Zeiten10901 Lieblingsspeisen Wahl ] 2 IV H.20 Lieblingsspeise wahl 2 H
(II aa)
10902Wie sie der Monat bringt und sorgsam
zubereiten.
∞
Erztruchseß
10903Streng Fasten sey für mich die
angenehmste Pflicht,
10904Bis, vor dich hingestellt, dich freut ein Wohlgericht.
10905Der Küche Dienerschaft soll sich mit mir vereinigen,
10906Das Ferne beyzuziehn, die
Jahrszeit zu beschleunigen.
10907Dich reizt nicht fern und früh womit die Tafel prangt,
10908Einfach und kräftig ist’s wornach dein Sinn verlangt.
∞Kaiser
∞zum Vierten
10909Weil unausweichlich hier sich nur von Festen handelt,10909 von Festen ] 2 H von Fasten : vom Fasten
G
2 IV H.20
von Festen (mglw G aus von Fasten) 2 H
(II d*)
10910So sey mir, junger Held, zum Schenken umgewandelt.
10911Erzschenke sorge nun daß unsre Kellerey
10912Aufs reichlichste versorgt mit guten Weinen sey.10912 guten Weinen ] 2 IV H.20 gutem Weine 2 H
(II aa)
10913Du selbst sey mäßig, laß nicht über Heiterkeiten,
10914Durch der Gelegenheit Verlocken, dich verleiten.
∞Erz Schenk
10915Mein Fürst, die Jugend
selbst, wenn man ihr nur vertraut,
10916Steht, eh man sichs versieht, zu Männern auferbaut.
10918Ein Kaiserlich Büffet schmück
ich aufs allerbeste
10919Mit Prachtgefäßen, gülden, silbern allzumal,
10920Doch wähl’ ich dir voraus den lieblichsten Pokal:
10921Ein blank venedisch Glas, worin Behagen lauschet,
10922Des Weins Geschmack sich stärkt und nimmermehr berauschet.
10923Auf solchen Wunderschutz vertraut man oft zu sehr,10923 Wunderschutz ] 2 IV H.1 Wunderschatz 2 H
(II aa)
10924Doch deine Mäßigkeit, du Höchster, schützt noch mehr.
∞Kaiser
10925Was ich euch zugedacht in dieser ernsten Stunde,
10926Vernahmt ihr mit Vertraun aus zuverlässigem Munde.
10927Des Kaisers Wort ist groß und sichert jede Gift,
10928Doch zur Bekräftigung bedarfs der edlen Schrift,
10929Bedarfs der Signatur. Die förmlich zu bereiten,
10930Seh ich den rechten Mann zu rechter Stunde schreiten.
∞Der Erzbischoff tritt auf
∞Kaiser
10931Wenn ein Gewölbe sich dem Schlußstein anvertraut,
10932Dann ist’s mit Sicherheit für ewige Zeit erbaut.
10933Du siehst vier Fürsten da! Wir haben erst erörtert,
10934Was den Bestand zunächst von Haus und Hof befördert.
10935Nun aber, was das Reich in seinem Ganzen hegt,
10936Sey, mit Gewicht und Kraft, der Fünfzahl auferlegt.
10937An Ländern sollen sie vor allen andern glänzen,
10938Deshalb erweitr’ ich gleich jetzt des Besitzthums Gränzen,
10939Vom Erbtheil jener die sich von uns abgewandt.
10940Euch Treuen sprech ich zu so manches schöne Land,
10941Zugleich das hohe Recht euch, nach Gelegenheiten,
10942Durch Anfall, Kauf und Tausch ins weitere zu verbreiten,
10943Dann sey bestimmt vergönnt zu üben ungestört
10944Was von Gerechtsamen Euch Landesherrn gehört.
10945Als Richter werdet ihr die Endurtheile fällen,
10946Berufung gelte nicht von Euern höchsten Stellen.
10947Dann Steuer, Zinns und Beet, Lehn und Geleit und Zoll,
10948Berg- Salz- und Münzregal Euch angehören soll.
10949Denn meine Dankbarkeit vollgültig zu erproben,
10950Hab ich Euch ganz zunächst der Majestät erhoben.
∞
Erzbischoff
10951Im Namen aller sey dir tiefster Dank gebracht,
10952Du machst uns stark und fest und stärkest deine Macht.
∞Kaiser
10953Euch fünfen will ich noch erhöhtere Würde geben.
10954Noch leb’ ich meinem Reich und habe Lust zu leben;
10955Doch hoher Ahnen Kette zieht bedächtigen Blick
10956Aus rascher Strebsamkeit ins drohende zurück.
10957Auch werd ich, seiner Zeit, mich von den Theuren trennen,
10958Dann sey es Eure Pflicht den Folger zu ernennen.
10960Und friedlich ende dann was jetzt so stürmisch war.
∞Erzkanzler
10961Mit Stolz in tiefster Brust, mit Demuth an Gebärde,
10962Stehn Fürsten dir gebeugt, die ersten auf der Erde.
10963So lang das treue Blut die vollen Adern regt,
10964Sind wir der Körper den dein Wille leicht bewegt.
∞Kaiser
10965Und also sey, zum Schluß, was wir bisher bethätigt,
10966Für alle Folgezeit durch Schrift und Zug bestätigt.
10967Zwar habt ihr den Besitz als Herren völlig
frey,
10968Mit dem Beding jedoch daß er untheilbar sey.
10969Und wie ihr auch vermehrt was ihr von uns empfangen,
10970Es soll’s der ältste Sohn in gleichem Maas erlangen.
∞
Erzkanzler
10971Dem Pergament alsbald vertrau ich wohlgemuth,
10972Zum Glück dem Reich und uns, das wichtigste Statut;
10973Reinschrift und Sieglung soll die Canzeley beschäftigen,
10974Mit heiliger Signatur wirst dus, der Herr, bekräftigen.
∞
Kaiser
10975Und so entlaß ich euch, damit den großen Tag,
10976Gesammelt, jedermann sich überlegen mag.
∞Die weltlichen Fürsten entfernen
sich
∞Der Geistliche
∞bleibt und spricht
pathetisch
10977Der Canzler ging hinweg der Bischoff ist geblieben,
10978Vom ernsten Warnegeist zu deinem Ohr getrieben!
∞Erzbischoff
10981Mit welchem bittern Schmerz find ich, in dieser Stunde,
10982Dein hochgeheiligt Haupt mit Satanas im Bunde.
10983Zwar, wie es scheinen will, gesichert auf dem Thron,
10984Doch leider! Gott dem Herrn, dem Vater Pabst zum Hohn.
10985Wenn dieser es erfährt schnell wird er sträflich richten,
10986Mit heiligem Strahl dein Reich das sündige zu vernichten.
10987Denn noch vergaß er nicht wie du, zur höchsten Zeit,
10988An deinem Krönungstag den Zauberer befreyt.
10989Von
deinem
Diadem, der Christenheit zum
Schaden,
10990Traf das verfluchte Haupt der erste Strahl der Gnaden.
10991Doch schlag an deine Brust und gieb, vom frevlen Glück,
10992Ein mäßig Schärflein, gleich dem Heiligthum zurück.
10993Den breiten Hügelraum, da wo dein Zelt gestanden,
10994Wo böse Geister sich zu deinem Schutz verbanden,
10995Dem Lügenfürsten du ein horchsam Ohr geliehn,
10996Den stifte, fromm belehrt, zu heiligem Bemühn;
10997Mit Berg und dichtem Wald, so weit sie sich erstrecken,
10999Fischreichen klaren Seen, dann Bächlein ohne Zahl,
11000Wie sie sich, eilig schlängelnd, stürzen ab zu Thal;
11001Das breite Thal dann selbst, mit Wiesen, Gauen, Gründen.
11002Die Reue spricht sich aus, und du wirst Gnade finden.
∞Kaiser
11003Durch meinen schweren Fehl bin ich so tief erschreckt,
11004Die Gränze sey von dir nach eignem Maas gesteckt.
∞Erzbischoff
11005Erst! der entweihte Raum wo man sich so versündigt,
11006
Sey alsobald zum Dienst des Höchsten
angekündigt.
11007Behende steigt im Geist Gemäuer stark empor,
11008Der Morgensonne Blick erleuchtet schon das Chor,
11009Zum Kreuz erweitert sich das wachsende Gebäude,
11010Das Schiff erlängt, erhöht sich zu der Gläubigen Freude,
11011Sie strömen brünstig schon, durchs würdige Portal,
11012Der erste Glockenruf erscholl durch Berg und Thal,
11013Von hohen Thürmen tönt’s, wie sie zum Himmel streben,
11014Der Büßer kommt heran, zu neugeschaffnem Leben.
11015Dem hohen Weihetag, er trete bald herein!
11016Wird deine Gegenwart die höchste Zierde seyn.
∞Kaiser
11017Mag ein so großes Werk den frommen Sinn verkündigen,
11018Zu preisen Gott den Herrn, so wie mich zu entsündigen.
11019Genug! Ich fühle schon wie sich mein Sinn erhöht.
∞Kaiser
11021Ein förmlich Document der Kirche das zu eignen
11022Du legst es vor, ich wills mit Freuden unterzeichnen.
∞Erzbischoff
∞hat sich beurlaubt, kehrt aber beim
Ausgang um
11023Dann widmest du zugleich dem Werke, wie’s entsteht,
11024Gesammte Landsgefälle: Zehnten, Zinsen, Beet,
11025Für ewig. Viel bedarfs zu würdiger Unterhaltung,
11026Und schwere Kosten macht die sorgliche Verwaltung.
11027Zum schnellen Aufbau selbst auf solchem wüsten Platz
11028Reichst du uns einiges Gold, aus deinem Beuteschatz.
11029Daneben braucht man auch, ich kann es nicht verschweigen,
11030Entferntes Holz und Kalk und Schiefer und dergleichen.
11031Die Fuhren thut das Volk, vom Predigtstuhl belehrt,
11032Die Kirche segnet den der ihr zu Diensten fährt.
∞ab
∞Kaiser
11033Die Sünd’ ist groß und schwer womit ich mich beladen,
11034Das leidige Zaubervolk bringt mich in harten Schaden.
∞
Erzbischoff
∞abermals zurückkehrend mit tiefster
Verbeugung
11035Verzeih o Herr! Es ward dem
sehr verrufnen Mann
11036Des Reiches Strand verliehn; doch diesen trifft der Bann,
11037Verleihst du reuig nicht der hohen Kirchenstelle,
11038Auch dort, den Zehnten, Zins und Gaben und Gefälle.