∞Pallast weiter Ziergarten, großer gradgeführter Canal
∞Faust im höchsten Alter wandelnd,
nachdenkend
∞Lynceus Der Thürmer
∞durchs Sprachrohr
11143Die Sonne sinkt, die letzten Schiffe
11144Sie ziehen munter hafenein.
11145Ein großer Kahn ist im Begriffe
11146Auf dem Kanale hier zu seyn.
11147Die bunten Wimpel wehen fröhlich,
11148Die starren Masten stehn bereit,
11149In dir preist sich der Bootsmann selig,
11150Dich grüßt das Glück zur höchsten Zeit.
∞das Glöckchen läutet auf der Düne.
∞Faust
∞auffahrend
11151Verdammtes Läuten! Allzuschändlich
11152Verwundets, wie ein tückischer Schuß,
11153Vor Augen ist mein Reich unendlich,
11154Im Rücken neckt mich der Verdruß,
11155Erinnert mich durch neidische Laute:
11156Mein Hochbesitz er ist nicht rein,
11157Der Lindenraum, die braune Baute,
11158Das morsche Kirchlein ist nicht mein.
11159Und wünscht’ ich dort mich zu erholen,
11161Ist Dorn den Augen, Dorn den Solen,
11162O! wär ich weit hinweg von
hier!
∞Thürmer
∞wie oben
11163Wie segelt froh der bunte Kahn,
11164Mit frischem Abendwind heran!
11165Wie thürmt sich sein behender Lauf
11166In Kisten, Kasten, Säcken auf!
∞Prächtiger Kahn, reich und bunt beladen mit
Erzeugnissen fremder Weltgegenden
∞sie steigen aus, die Güter werden an’s Land
geschafft.
∞
Mephistopheles
11171So haben wir uns wohl erprobt,
11172Vergnügt wenn der Patron es lobt.
11173Nur mit zwey Schiffen ging es fort,
11174Mit zwanzig sind wir nun im Port.
11175Was große Dinge wir gethan
11176Das sieht man unsrer Ladung an.
11177Das freye Meer befreyt den Geist,
11178Wer weis da was Besinnen heißt!
11179Da fördert nur ein rascher Griff,
11180Man fängt den Fisch, man fängt ein Schiff,
11181Und ist man erst der Herr zu drey
11182Dann hackelt man das vierte bey.
11183Da geht es denn dem fünften schlecht,
11184Man hat Gewalt, so hat man recht.
11186Ich müßte keine Schiffahrt kennen.
11187Krieg, Handel und Piraterie,
11188Dreyeinig sind sie, nicht zu trennen.
∞Die drey gewaltigen Gesellen
∞Die Gesellen
∞
Mephistopheles
11205Erst ordnet o-
11206ben
Saal an Saal.
11207Die Kostbarkeiten
11208Allzumal.
11209Und tritt er zu
11210Der reichen Schau,
11211Berechnet er alles
11212Mehr genau,
11213Er sich gewiß
11214Nicht lumpen läßt
11215Und giebt der Flotte
11216Fest nach Fest.
11217Die bunten Vögel kommen morgen,
11218Für die werd’ ich zum besten sorgen.
∞die Ladung wird weggeschafft.
∞
Mephistopheles
∞zu Faust
11219Mit ernster Stirn, mit düstrem Blick,
11220Vernimmst du dein erhaben Glück.
11221Die hohe Weisheit wird gekrönt,
11222Das Ufer ist dem Meer versöhnt,
11223Vom Ufer nimmt, zu rascher Bahn,
11224Das Meer die Schiffe willig an;
11225So sprich daß hier, hier
vom Pallast
11226Dein Arm die ganze Welt umfaßt.
11227Von dieser Stelle ging es aus,
11228Hier stand das erste Breterhaus;
11229Ein Gräbchen ward hinabgeritzt
11230Wo jetzt das Ruder emsig spritzt.
11231Dein hoher Sinn, der Deinen Fleiß
11232Erwarb des Meers, der Erde Preiß.
11233Von hier aus –
∞Faust
11233Das verfluchte hier!
11234Das eben leidig lastets mir.
11236Mir giebts im Herzen Stich um Stich,
11237Mir ists unmöglich zu ertragen!
11238Und wie ichs sage schäm’ ich mich.
11239Die Alten droben sollten weichen,
11240Die Linden wünscht ich mir zum Sitz,
11241Die wenig Bäume, nicht mein eigen,
11242Verderben mir den Welt-Besitz.
11243Dort wollt ich, weit umher zu schauen,
11244Von Ast zu Ast Gerüste bauen,
11245Dem Blick eröffnen weite Bahn,
11246Zu sehn was alles ich gethan,
11247Zu überschaun mit einem Blick
11248Des Menschengeistes Meisterstück,
11249Bethätigend, mit klugem Sinn,
11250Der Völker breiten Wohngewinn.
11251So sind am härtsten wir gequält
11252Im Reichthum fühlend was uns fehlt.
11253Des Glöckchens Klang, der Linden Duft
11254Umfängt mich wie in Kirch und Gruft.
11255Des allgewaltigen Willens Kühr
11256Bricht sich an diesem Sande hier.
11257Wie schaff ich mir es vom Gemüthe!
11258Das Glöcklein läutet und ich wüthe.
∞
Mephistopheles
11259Natürlich! daß ein Hauptverdruß
11260Das Leben dir vergällen muß.
11261Wer läugnets! Jedem edlen Ohr
11262Kommt das Geklingel widrig vor.
11263Und das verfluchte Bim-Baum-Bimmel
11264Umnebelnd heitern Abendhimmel,
11265Mischt sich in jegliches Begebniß,
11266Vom ersten Bad bis zum Begräbniß,
11267Als wäre, zwischen Bimm und Baum,
11268Das Leben ein verschollner Traum.
∞Faust
11269Das Widerstehn, der Eigensinn
11270Verkümmern herrlichsten Gewinn,
11271Daß man, zu tiefer grimmiger Pein,
11272Ermüden muß gerecht zu seyn.
∞Faust
11275So geht und schafft sie mir zur Seite! –
11276Das schöne Gütchen kennst du ja,
11277Das ich den Alten ausersah.
∞
Mephistopheles
11278Man trägt sie fort und setzt sie nieder,
11279Eh man sich umsieht stehn sie wieder;
11280Nach überstandener Gewalt
11281Versöhnt ein schöner Aufenthalt.
∞er pfeift gellend.
∞Die Drey treten auf.