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1339. An Wolfgang von Goethe.

Jena den 1. May [Dienstag] 98.

Da wir jetzt in den Wonnemond getreten sind, so hoffe ich auch wieder auf die Gunst der Musen und hoffe daß ich in meinem Garten finden werde, was ich schon lang entbehre. Mit Ende dieser Woche denke ich hinauszuziehen, wenn das Wetter gut bleibt.

Allerdings beklage ich sehr, daß ich dießmal von Iflands Vorstellungen gar nichts habe profitieren können; aber da ich diesen Winter und Frühling so viele Zeit verlor und auf einen bestimmten Termin fertig werden will, so muß ich mich in mich selbst zurückziehen und alles was mich sehr nach außen beschäftigt als eine gefährliche Zerstreuung fliehen. Damit tröst ich mich über diesen verlorenen Genuß, dem ich nicht würde haben widerstehen können, wenn ich gesund gewesen wäre.

Daß Ifland in seinem Pygmalion einen so großen Triumph über meine Erwartung und Vorhersagung davon getragen, ist mir noch nicht begreiflich, und es wird mir schwer selbst Ihnen etwas aufs Wort zu glauben, was mir den Glauben an meine bestimmtesten Begriffe und Ueberzeugungen rauben würde. Indessen ist hier nichts mehr zu sagen, da Sie meinen Beweisen a priori ein Factum entgegensetzen können, wogegen ich, da ich selbst es nicht mit bezeugen kann, auch nichts einwenden darf. Uebrigens habe ich es lediglich mit Ihrem Urtheil zu thun, denn die übrige öffentliche Meinung kann hier nichts beweisen, da hier nur von objectiven Foderungen die Rede ist und die übrige Welt schon zufrieden ist, wenn sie nur interessiert wird.

Ich wünschte zu erfahren, ob es noch wahrscheinlich ist, daß Schröder diesen Herbst kommt, damit ich mit mir zu Rathe gehen kann, ob der Wallenstein noch bis dahin für das Theater fertig zu machen ist. Daher bitte ich Sie, mich wißen zu lassen, ob Sie unterdessen einen Schritt gethan haben. Denn wenn das nicht geschehen ist, so zweifle ich auch ob er diesen Herbst kommt.

[ Pniower Nr. 131: Cotta wird vermuthlich in 10 Tagen hieher kommen. Vielleicht schickt es sich, daß Sie dann schon hier sind; es wäre doch gut, wenn Sie ihn wenigstens hörten und sich Vorschläge machen ließen. Er hat den besten Willen und an Kräften fehlt es ihm keineswegs, etwas bedeutendes zu unternehmen. ]

Es ist mir dieser Tage in der Odyssee eine Stelle aufgefallen, welche auf ein Gedicht das verloren gegangen schließen läßt, und dessen Thema der Ilias vorhergeht. Sie steht im achten Buch der Odyssee vom 72sten Verse an. Vielleicht wißen Sie mehreres davon.

Möchten Sie nur erst wieder in Ihrer homerischen Welt leben. Ich zweifle nicht im geringsten, daß Ihnen diesen Sommer und Herbst noch einige Gesänge gelingen werden.

Leben Sie recht wohl. Meine Frau wird auf den Donnerstag nach Weimar kommen, um noch zum Schluß etwas von den Iflandischen Gaben zu genießen. Sie grüßt Sie aufs beste.

S.