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Rom, den 3. November 1787.

Kayser ist angekommen, und ich habe drüber die ganze Woche nicht geschrieben. Er ist erst am Clavierstimmen, und nach und nach wird die Oper vorgetragen werden. Es macht seine Gegenwart wieder eine sonderbare anschließende Epoche, und ich sehe, man soll seinen Weg nur ruhig fortgehn, die Tage bringen das Beste wie das Schlimmste.

Die Aufnahme meines Egmont macht mich glücklich, und ich hoffe, es soll bei'm Wiederlesen nicht verlieren, denn ich weiß was ich hineingearbeitet habe, und daß sich das nicht auf einmal herauslesen läßt. Das was ihr daran lobt, habe ich machen wollen; wenn ihr sagt, daß es gemacht ist, so habe ich meinen Endzweck erreicht. Es war eine unsäglich schwere Aufgabe, die ich ohne eine ungemessene Freiheit des Lebens und des Gemüths nie zu Stande gebracht hätte. Man denke, was das sagen will: ein Werk vornehmen, was zwölf Jahre früher geschrieben ist, 136 es vollenden ohne es umzuschreiben. Die besondern Umstände der Zeit haben mir die Arbeit erschwert und erleichtert. [ Gräf Nr. 870: Nun liegen noch so zwei Steine vor mir: Faust und Tasso. Da die barmherzigen Götter mir die Strafe des Sisyphus auf die Zukunft erlassen zu haben scheinen, hoffe ich auch diese Klumpen den Berg hinauf zu bringen. Bin ich einmal damit oben, dann soll es auf's neue angehn, und ich will mein Möglichstes thun euren Beifall zu verdienen, da ihr mir eure Liebe ohne mein Verdienst schenkt und erhaltet. ]

Was du von Klärchen sagst, verstehe ich nicht ganz, und erwarte deinen nächsten Brief. Ich sehe wohl, daß dir eine Nüance zwischen der Dirne und der Göttin zu fehlen scheint. Da ich aber ihr Verhältniß zu Egmont so ausschließlich gehalten habe; da ich ihre Liebe mehr in den Begriff der Vollkommenheit des Geliebten, ihr Entzücken mehr in den Genuß des Unbegreiflichen, daß dieser Mann ihr gehört, als in die Sinnlichkeit setze; da ich sie als Heldin auftreten lasse; da sie im innigsten Gefühl der Ewigkeit der Liebe ihrem Geliebten nachgeht, und endlich vor seiner Seele durch einen verklärenden Traum verherrlicht wird: so weiß ich nicht, wo ich die Zwischennüance hinsetzen soll, ob ich gleich gestehe, daß aus Nothdurft des dramatischen Pappen- und Lattenwerks die Schattirungen, die ich oben hererzähle, vielleicht zu abgesetzt und unverbunden, oder vielmehr durch zu leise Andeutungen verbunden sind; vielleicht hilft ein zweites Lesen, vielleicht sagt mir dein folgender Brief etwas Näheres.

Angelica hat ein Titelkupfer zum Egmont gezeichnet, Lips gestochen, das wenigstens in Deutschland nicht gezeichnet, nicht gestochen worden wäre.