*) [ Gräf Nr. 1660: Es war im Winter vom 1828 auf 1829 – vermuthlich noch 1828 vor 12. December – als der Kanzler von Müller mit den Freunden Riemer, Eckermann und Laroche einen Besuch bei Goethe machte. Goethes Sohn August hatte sich ihnen gleichfalls angeschlossen.
Sie kamen mit der Mittheilung, daß sie eine Faustaufführung auf der Weimarer Bühne beschlossen hätten.
Es war dies bisher noch von keiner Bühne versucht worden. In Braunschweig beabsichtigte man unter der Direction Klingemanns, der selbst ein volksbeliebtes Spectakelstück Faust auf die Bühne gebracht hatte, auf den Wunsch des Herzogs Karl, eine Darstellung und kam damit auch den 18. Januar 1829 Weimar zuvor.
Bald darauf hieß es, Tieck in Dresden wolle hinter Braunschweig nicht zurückbleiben, sowie denn auch wirklich den 27. August CXI1829 daselbst eine Faustaufführung stattfand, der eine andre in Leipzig den 28. August auf dem Fuße folgte.
Sehr möglich, daß das Gerücht von der beabsichtigten Darstellung in Braunschweig auch in Weimar den Gedanken anregte.
Man war nun natürlich sehr gespannt, wie Goethe die Mittheilung dieses Vorhabens aufnehmen werde?
Herr von Müller brachte die Sache ruhig vor, wobei er aber, wie erwähnt, unter anderm sich des Ausdrucks bedient zu haben scheint: „man habe beschlossen –“. Darüber fuhr Goethe auf wie von einer Bremse gestochen.
„Glaubt man denn, daß ich, wenn ich gewollt hätte, nicht selbst den Faust auf die Bühne bringen konnte? – Ist es billig, über meine Werke zu verfügen, ohne zu fragen, was ich selbst damit vorhabe? – Bin ich denn nicht mehr am Leben? – Beschlossen hat man? Man hat demnach beschlossen ohne mich auch nur zu fragen!“
Voll Majestät in seinem Zorn ging er bei diesen Worten im Zimmer auf und ab. Die Freunde befanden sich in der peinlichsten Lage. ]
Es ging damit aber doch den Weg, wie so manches Andre, das anfangs auf seinen Widerspruch stieß und schließlich doch durchgeführt wurde. [ Gräf Nr. 1663: Goethe machte sich mit dem Gedanken vertraut und äußerte denn endlich eines Tages gegen seine vermittelnde Schwiegertochter Ottilie: „Wenn man denn den Faust zur Darstellung bringen will, so soll er mindestens nicht so zur Darstellung kommen, wie sie sich ihn etwa denken, sondern so, wie ich ihn haben will!“ ] –