Von 1769 bis 1775. Fernere Einsicht in's Leben.
Ereigniß, Leidenschaft, Genuß und Pein. Man fühlt die Nothwendigkeit einer freiern Form und schlägt sich auf die englische Seite. So entstehen Werther, Götz von Berlichingen, Egmont. Bei einfacheren Gegenständen wendet man sich wieder zur beschränkteren Weise: Clavigo, Stella, Erwin und Elmire, Claudine von Villa Bella, beide letztere prosaischer Versuch mit Gesängen durchwebt. Hieher gehören die Lieder an Belinden und Lili, deren manche, so wie verschiedene Gelegenheitsstücke, Episteln und sonstige gesellige Scherze verloren gegangen.
[ Gräf Nr. 1203: Inzwischen geschehen kühnere Griffe in die tiefere Menschheit; es entsteht ein leidenschaftlicher Widerwille 5 gegen mißleitende, beschränkte Theorien; man widersetzt sich dem Anpreisen falscher Muster. Alles dieses und was daraus folgt, war tief und wahr empfunden, oft aber einseitig und ungerecht ausgesprochen. Nachstehende Productionen: Faust, die Puppenspiele, Prolog zu Bahrdt sind in diesem Sinne zu beurtheilen; sie liegen jedermann vor Augen. Dagegen waren die Fragmente des ewigen Juden und Hanswursts Hochzeit nicht mitzutheilen. Letzteres erschien darum heiter genug, weil die sämmtlichen deutschen Schimpfnamen in ihren Charakteren persönlich auftraten. Mehreres dieser frechen Art ist verloren gegangen; Götter, Helden und Wieland erhalten. ]
Die Recensionen in den Frankfurter gelehrten Anzeigen von 1772 und 1773 geben einen vollständigen Begriff von dem damaligen Zustand unserer Gesellschaft und Persönlichkeit. Ein unbedingtes Bestreben, alle Begränzungen zu durchbrechen, ist bemerkbar.
Die erste Schweizerreise eröffnete mir mannichfaltigen Blick in die Welt; der Besuch in Weimar umschlang mich mit schönen Verhältnissen, und drängte mich unversehens auf einen neuen glücklichen Lebensgang.