27/7413. An Johann Friedrich Cotta

Unsere gemeinsamen Geschäfte sind nunmehr zu einer Epoche gediehen, welche durch einen umständlichen Brief zu bezeichnen sich wohl geziemt.

Sie zu Jubilate bey uns zu sehen habe gewünscht und gehofft, bis das eingelaufene Schreiben mir das Gegentheil meldete. Sehr gern hätte über so manches gesprochen und mich zugleich von Ihrem Wohlbefinden überzeugt.

Das Rhein– und Maynheft ist denn endlich auch, nach überwundenen mancherley Hindernissen, vom Stapel gelaufen und scheint sich einer guten Aufnahme zu erfreuen. Von Herrn Frommann habe davon erhalten

44 Velin 25 Exempl.

Schreibpapier 15 Exempl.

Die erste Lieferung meiner Werke habe nun auch in zwey Sendungen erhalten und zwar

Velin 20

Schreibpapier 24 Exempl.

Zwölf Exemplare weißes Druckpapier waren zufällig in den einen Ballen gerathen und sind dem Buchhändler Hoffmann auf sein Verlangen übergeben worden, indem er versicherte, daß er mit Ihrem Commis deshalb Verabredung getroffen habe.

[ Gräf Nr. 1172: Für die baldige Nachricht, der 9. Band sey angekommen , danke zum schönsten, der 10. folgt nächstens. ]

Was die Anstände und Bedenklichkeiten des Herrn Revidenten betrifft, so ist damit ganz recht verfahren worden und ich danke für die Aufmerksamkeit. Wegen der Interpunction lege ein Blatt bey. Einige in den zwey ersten Bänden bemerkte Druck- oder Schreibfehler sende nächstens, vielleicht zeigen wir solche im Morgenblatt an.

Mögen Sie mir das Original der zwey ersten Bände schicken, so könnte es mir nützlich seyn.

Da Herr Frommann die italiänische Reise wegen Mangel an Druckergesellen nicht fördern können, so habe ich das Manuscript wieder zurückgenommen, indem der eintretende Sommer und eine wahrscheinliche Abwesenheit mich hindern würde die Revision zu besorgen, auch ist Professor Riemer, der mir hierin 45 beysteht, gar sehr beschäftigt. Ich überlege ob es nicht besser sey Ihnen das Manuscript da es sehr reinlich ist zuzusenden. Ein aufmerksamer des Italiänischen kundiger Corrector würde der Sache genug thun.

Nächstens gehen auch die für den Damencalender bestimmten Gedichte des Divans ab. Ich werde suchen die zartesten herauszuheben und durch Stellung zu verbinden. Andere aus dem Buche des Unmuths und des Schenken können gelegentlich im Morgenblatt erscheinen.

Der doppelt große Verlust, den ich dieses Jahr durch den Tod der Erbgroßherzogin von Mecklenburg und der Kaiserin von Österreich erlitten, hat mich so getroffen, daß mein poetisches Talent darüber verstummt. Vielleicht erlaubt mir die Zeit mich deshalb auszusprechen. Vorstehendes mit den Beylagen war schon einige Posttage verspätet. Ich eile daher mit dessen Absendung ob ich gleich noch manches zu sagen hätte.

ergebenst

Weimar d. 3. Juny 1816.

Goethe.

[Beilage.]

Die Interpunction betreffend, äußere Folgendes. Es hat sich in der deutschen Schrift, dadurch daß man mehr liest als hört, die Gewohnheit eingeschlichen viel zu viel Commata zu machen. Wie 46 schädlich dieses dem lebendigen Vortrag sey hab ich seit dreyßig Jahren nur allzusehr bemerken können, indem ich mir die Mühe gab Schauspieler auszubilden.

Z. B. Glaubst du denn, daß sie dich liebt! – Hab ich dir nicht gesagt, daß ich nicht kommen kann? Diese hier roth gezeichneten Commata sind es die ich möglichst weggestrichen habe, weil sie den Schauspieler, den Vorleser zu einem gehackten Vortrag verführen. Denn wenn es gleich Fälle giebt, daß man an einer solchen Stelle etwas anhält, so entspringt doch eine solche Pause aus dem Gefühl, nicht aus dem Sinne, welcher allein durch die Interpunction zu bezeichnen ist, wie denn ja in Versen die Cäsur nicht immer einen Sinnesabschnitt macht. Doch bin ich hier nicht pedantisch und lasse dem Herrn Corrector die völlige Freyheit in gewissen Fällen nach eignem Urtheil ein Comma herzustellen.

Weimar den 9. May 1816.

Goethe.

Hierbey eine Berechnung zu gefälliger Ansicht und Prüfung, mit dem Ersuchen, was ich noch etwa schuldig und was mir zu gute kommt, gelegentlich zu notiren.

Mögen Sie mir für das Rhein- und Maynheft 500 rh. zu gute schreiben, erkenn ich es dankbar.

Weimar d. 3. Juni 1816.

Goethe.