251. Mit Heinrich Luden 1806, 19. August.
Goethe empfing mich ungemein heiter und freundlich, lobte meine Pünktlichkeit und erinnerte sich mit Vergnügen an den gestrigen Abend. Alsdann ging er ans Fenster. »Es ist ein schöner Tag,« sagte er, »warm bei bedecktem Himmel. Ich denke, wir gehen in den Garten.« Wir gingen und wandelten auf und ab, kreuz und quer, und ließen uns auch von Zeit zu Zeit etwas nieder. Er fragte mich zuvörderst über die Städte, in welchen ich mich in den letzten Jahren aufgehalten hatte, über Göttingen und über Berlin. Über Göttingen nicht viel; denn er kannte die Anstalten und Einrichtungen selbst genau; unter den gelehrten Männern schien ihn eigentlich nur Blumenbach zu interessiren, und mit Blumenbach war ich nur sehr wenig bekannt geworden. Mehr über Berlin. Er erkundigte sich nach Menschen und Dingen. Ich vermochte über das Meiste Auskunft zu geben; denn ich war mit den bedeutendsten Männern, die damals in Berlin lebten, das Militär ausgenommen, entweder in Verkehr oder doch in Berührung gewesen. Goethe schien mit mei ner Auffassung der Dinge und mit meinen Urtheilen über die Menschen keineswegs unzufrieden zu sein.
Er hörte mich ruhig an, ließ zuweilen ein beifälliges 43 »Hm! Hm!« vernehmen und sprach sich auch wohl zustimmend aus, bald erläuternd, bald bestätigend. [ Gräf Nr. 1065: Damals hatte ich die Gewohnheit, meine ausgesprochenen Ansichten, Meinungen oder Urtheile mit einem tüchtigen Worte aus dem »Faust« zu bekräftigen; eine Gewohnheit, der ich nicht gänzlich entsagt habe bis diesen Tag. Ich muß aber bemerken, daß hier nur von dem alten »Faust« die Rede ist, von dem Fragmente, das sich noch nicht für eine Tragödie gab , wie er im 7. Bande von Goethes Schriften, Leipzig bei Göschen 1790, zu finden ist. Als ich nun einige Male diesen »Faust« angeführt hatte, sagte Goethe, den bisherigen Gang des Gespräches abbrechend:
»Sie scheinen sehr belesen im ›Faust‹. Hat das wunderliche Gedicht auch Sie so stark angezogen?«
Ich glaube, Ew. Excellenz, ich würde den »Faust« vom Anfange bis zum Ende herrecitiren können; nur die tolle Wirthschaft in der Hexenküche dürfte mich in einige Verwirrung bringen.
»Wo und wie haben Sie die Bekanntschaft gemacht? Doch wohl in Berlin; denn in Göttingen bekümmert man sich wohl nicht viel um den tractatum de Fausto.«
So arg, Ew. Excellenz, ist die Philisterei denn doch in Göttingen nicht, und ich habe wirklich in Göttingen viel Interesse für den Faust gefunden. Ich selbst hatte ihn aber schon vor acht Jahren, als ich in Bremen auf der Schule war, gelesen, aber freilich damals nicht 44 mit sehr großer Theilnahme. Ich hatte nämlich als Knabe in meinem Geburtsorte ein Puppenspiel gesehen, »der Erzzauberer Dr. Faust« genannt. Das Ding mochte schlecht genug sein, ergötzte oder ergriff mich jedoch unbeschreiblich. Bald nachher fiel mir das bekannte Volksbuch, das in Köln, denke ich, gedruckt ist, in die Hände, und regte meine Phantasie gewaltig an. Als mir daher in Bremen, etwa im J. 1797 oder 1798, der Goethe'sche »Faust« vor die Augen kam, griff ich mit beiden Händen zu, fand aber meinen alten Faust nicht wieder. Indeß las ich fleißig in demselben, viele Reime, Kernsprüche enthaltend, blieben mir im Gedächtnisse hängen, und ich warf diesen und jenen häufig in ein Gespräch hinein, oft zu rechter, zuweilen wohl auch zu unrechter Zeit, niemals jedoch verfehlten sie ihre Wirkung auf meine jungen Genossen. Während meines Aufenthaltes in Göttingen, vom J. 1799 an, kamen einige Studirende aus Jena nach dieser Universität. Es waren zum Theil schon reifere Jünglinge. Einige waren Fichte's Zuhörer gewesen; viele hatten Schelling gehört und die Schlegel; auf alle hatte das damalige philosophische und ästhetische Treiben in Jena eingewirkt, und das Theater in Weimar hatten sie nur so oft versäumt, als der leere Beutel Einsprache that. Mehrere von diesen jungen Männern wurden mir befreundet; unter ihnen ein Dr. Winkelmann.
»Winkelmann?«
Ja, Ew. Excellenz, Winkelmann aus Braunschweig, 45 ein Verwandter des berühmten Winkelmann. Es war eine große derbe Gestalt. Aber auf dem unbehülflichen Rumpf saß ein sehr schöner Kopf.
»Ich glaube ihn gesehen und auch einige Worte mit ihm gesprochen zu haben.«
Er rühmte und freute sich dieser Ehre. – Da nun mein häufiges Berufen auf den »Faust« zunächst die Veranlassung zu unserer näheren Bekanntschaft gegeben hatte, so wurde der »Faust« gar oft der Gegenstand unserer Gespräche, unserer Discussionen und Disputationen.
»Wie so? wie kam es denn unter ihnen zu Disputationen?«
Meine Freunde hatten den Kopf voll von allerlei Ansichten und Ideen, die mir nicht immer recht klar und faßlich waren, sprachen dieselben in Worten aus, die mir oft wunderlich vorkamen, schienen aber doch so viel bei diesen Worten zu denken, daß sie unsereinen halb vornehm, halb mitleidig anblickten, so daß man nicht umhin konnte, ein Mal heraus zu fahren und den Selbstseligen entgegen zu treten.
»Ich kenne das! Aber was brachten sie denn über den ›Faust‹ vor, diese Philosophen?«
Genau, Ew. Excellenz, wüßte ich das in der That nicht mehr zu sagen; auch würde ich es vor Ihnen nicht ohne einige Befangenheit aussprechen können.
»Sagen Sie es nur immer ganz unbefangen. Es würde mir doch interessant sein, zu hören, wie von den 46 jungen Leuten die Ideen ihrer Lehrer aufgefaßt werden. Denn diese Ideen waren es doch wohl im Grunde, welche sie sich in ihrem Kopf und auf ihre Weise zurechtgelegt hatten.«
Ohne Zweifel. Es waren aber lauter »hohe Intuitionen«. Es waren mystische Worte, die aus dem Ungeheuern hervorzukommen und an das Ungeheuere gerichtet zu sein schienen. Sie verwarfen meine Auffassung des Einzelnen im »Faust«, welchem ich den Sinn gab, der in den Worten liegt, und behaupteten, man müsse sich zu der Anschauung des Geistes erheben, aus welchem das Einzelne hervorgegangen sei. In der Anschauung dieses Geistes aber erkenne man und müsse man erkennen, daß dieses Fragment, »Faust« genannt, ein Bruchstück aus einer großen, erhabenen, ja göttlichen Tragödie sei. In dieser Tragödie, wenn sie einst vollendet erscheine, werde der Geist der ganzen Weltgeschichte dargestellet sein; sie werde ein wahres Abbild des Lebens der Menschheit sein, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umfassend. In Faust sei die Menschheit idealisirt; er sei der Repräsentant der Menschheit. Bei seinem Auftritt in dem Fragmente habe er sich schon von dem Unendlichen, oder dem Absoluten, nicht nur losgerissen, sondern er sei auch schon von dem Gefühle des Unglückes dieser Losreißung durchdrungen. In ihm sei die Sehnsucht nach der Wiedervereinigung erwacht; aus dieser Sehnsucht sei sein Durst nach Wissen und Erkennen hervorgegangen; er habe in demselben nach allen Seiten ausgegriffen, und alle Wissenschaften »durchaus mit heißem Bemühn studirt«. Aber er habe das Unendliche nicht zu erkennen vermocht; denn das Unendliche sei nicht zu erkennen, sondern es müsse angeschaut und gelebt werden. Deßwegen habe er Zweifel gegen all sein Wissen gefaßt, und all sein Erkennen für nichts erachtet; er sei in Verzweifelung gerathen, und habe diese Verzweifelung in sinnlichen Genüssen zu betäuben gesucht, ohne jemals das Streben nach dem Unendlichen aufzugeben. So sei er verirrt, so zu Schlechtigkeiten und Verbrechen gekommen, zu welchen Mephistopheles, die Personification des bösen Princips, ihm gerathen, ihn verleitet und unterstützt habe. Auf diesem Wege der Verirrung, den übrigens Faust stets richtig erkenne, wandele derselbe noch, wo das Fragment abbricht; »er taumele noch von Begierde zu Genuß, und verschmachte noch im Genuß vor Begierde«. Aber schon ekele ihm »vor dem Gefährten, obgleich er denselben nicht mehr entbehren könne«. Aber er sei schon zu dem Gefühle gekommen, daß dieser Gefährte »ihn kalt und frech vor ihm selbst erniedrige«. Das sei ein Beweis, daß er bald zurückkehren werde zu der Wahrheit, zu dem Unendlichen, und daß er alsdann dieses Unendliche nicht mehr zu erkennen suchen, sondern daß er es anschauen, daß er es leben, und durch dieses Leben des Unendlichen oder im Unendlichen selig sein werde. Das sei der Gang der Menschheit, das der Geist der Weltgeschichte. – 48 In diesen oder ähnlichen Worten, welche mir ungefähr dasselbe zu bedeuten schienen, theilten meine Freunde ihre Jenaische Weisheit mit, und dieselben Phrasen habe ich später auch in Berlin häufig genug anhören müssen.
»Haben Sie Schlegel's Vorlesungen beigewohnt?«
Nein, Ew. Excellenz. Ich habe nur einpaar Male hospitirt. Überhaupt bin ich in Berlin nur Fichte's Zuhörer gewesen, und auch nur in den wissenschaftlichen Vorträgen, nicht in den populären.
»Sie scheinen also nicht viel auf Schlegel zu halten, oder sind wohl selbst ein Gegner?«
Keinesweges. Ich verehre Schlegel's Verdienste um die deutsche Literatur auf das Höchste, und bin ihm selbst große Dankbarkeit schuldig; denn ich habe manches von ihm gelernt und bin, was ich noch höher anschlage, oftmals mächtig durch ihn angeregt wor den zum Lernen und Denken. Seinen Vorträgen aber konnte ich nicht wohl beiwohnen, weil sie für die Ordnung meiner Zeit unbequem fielen. Auch bedurfte ich des Zuhörens kaum; denn mein Freund Kohlrausch schrieb fleißig und verständig nach und erstattete mir immer getreulich Bericht zu gegenseitiger Besprechung. Und endlich muß ich auch gestehen, daß ich lieber las, was Schlegel geschrieben hatte, als anhörte, was er sagte. Seine Persönlichkeit hatte für mich etwas Störendes. Übrigens habe ich bei den Worten, daß ich in Berlin dieselben Phrasen hätte anhören müssen, die ich in Göttingen angehört hatte, durchaus nicht an Schlegel gedacht.
49 »Aber Sie haben nicht blos angehört, sondern Sie haben disputirt.«
Nur in Göttingen mit meinen jungen Freunden. In Berlin habe ich die Redensarten nur angehört, habe zugestimmt und zuweilen etwa gelacht.
»Gelacht?«
Versteht sich: in mich hinein.
»Aber eben damit haben Sie stillschweigend das Disputiren fortgesetzt. Sie sind nicht zu der Meinung Ihrer Gegner übergegangen, sondern in der Opposition geblieben. Sie haben Ihre Argumente also fortwährend für stark genug gehalten um die Gegner aus dem Felde zu schlagen. Darf man denn die Gründe nicht kennen, mit welchen Sie gestritten haben?«
In der That, Ew. Excellenz, würde ich kaum im Stande sein, vor Ihnen diese Gründe auszusprechen. Sie waren gar verschieden, heute andere, als gestern, wie der Augenblick sie eingab. Auch waren sie von sehr verschiedener Art.
»Es würde mich doch interessiren, sie kennen zu lernen, wenigstens in der Hauptsache. Auch scheint mir billig, da Sie so gütig gewesen sind, die Meinungen des einen Theiles mitzutheilen, die entgegenstehenden Meinungen auszusprechen. Und thun Sie das nur mit völliger Unbefangenheit; vergessen Sie, daß der Dichter des ›Faust‹ mit Ihnen spricht.«
Meine Freunde aus Jena waren natürlich sämmtlich große Philosophen. Ich war im ersten Jahre meines Universitätslebens nicht eben zum Studium der Philosophie angeregt; denn die Lehrer in Göttingen, Buhle und Bouterwek, verstanden es, bei aller Gelehrsamkeit, keinesweges, für dasselbe zu begeistern. Jene Freunde nöthigten mich zu diesem Studium, und ich stürzte mich hinein mit dem feurigsten Eifer. Ich studirte die Schriften von Kant und Fichte, auch alles was von Schelling und Hegel ausging, und las alles, was die Schlegel schrieben und diejenigen, die auf deren Seite standen, wie z.B. die »Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders« und vieles Andere. Aber zugleich pflegte ich meine alte Liebe für die Geschichte, und Thibaut hatte mich durch sei nen anmuthigen Vortrag für die Mathematik gewonnen. So kam es denn, daß ich durch die Intuitionen nicht geblendet wurde, daß ich verlangte, ein Begriff müsse bei dem Worte sein, daß ich Worte verwarf, welche sich einstellten, wenn Begriffe fehlten, wie trefflich sich auch mit denselben streiten ließ. Wir disputirten über alle Gegenstände der Philosophie, zuweilen ich allein gegen mehrere, zuweilen unterstützt von göttingischen Freunden, besonders von einem herrlichen Jüngling Ebers aus Hannover, einem tüchtigen Philologen, Wolf's Schüler, mit welchem ich den Plato las. Unser Streit wurde zuweilen so heftig, daß wir die Freundschaft aufkündigten und grimmig auseinander liefen; aber am folgenden oder am dritten Tage suchten wir uns wieder auf und wandelten mit einander auf der alten Bahn, als wäre 51 nichts vorgefallen. Bei diesen Disputationen kamen wir denn auch oft auf den »Faust« zurück, und ich holte bald dieses, bald jenes Geschütz aus meinem Arsenal hervor, um den Bau meiner Freunde zu beschießen.
»Das ist recht hübsch. Ich hätte kaum geglaubt, daß man es in dieser Weise in Göttingen getrieben habe. Ihre übrigen Disputationen würden uns zu weit führen; was Sie aber gegen die Ansichten Ihrer Freunde vom ›Faust‹ vorgebracht haben, wäre ich wohl begierig der Hauptsache nach zu erfahren. Gelang es Ihnen, den Feind mit Ihrem Geschütz aus dem Felde zu treiben?«
Nein, Ew. Excellenz; aber ich habe ihn doch zuweilen in seinem Lager stark beunruhigt. Mehr war nicht zu gewinnen; denn, wer Recht behalten will und hat nur eine Zunge, behält's gewiß. Man verwarf meine argumenta ad hominem, und wandte sich mit der Behauptung hinweg, ich stecke noch in der Sphäre des gemeinen Menschenverstandes, und man könne nur mit dem ordentlich disputiren, der sich zu der Höhe der wahren Philosophie erhoben habe. Das mußte ich mir denn wohl gefallen lassen und abwarten, ob der Streit wieder anfangen würde: Gewöhnlich dauerte es nicht lange.
»Nun, so fahren Sie doch eine oder die andere Ihrer Batterien vor, damit man ihre Stärke und Tragweite erkenne.«
52 Wenn Ew. Excellenz es wollen, so gehorche ich dem wiederholten Befehl; ich muß aber um Nachsicht und zu erwägen bitten, daß ich Student war. Auch können natürlich nur ein paar Beispiele gegeben werden.
»Ganz recht, ganz Recht. Geben Sie nur!«
Meine Freunde hatten, wie gesagt, behauptet: der »Faust« sei oder werde sein eine divina tragoedia, in welcher der Geist der ganzen Weltgeschichte dargestellt, in welcher das ganze Leben der Menschheit sei, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umfassend. Dieser Behauptung stellte ich den Begriff der Tragödie entgegen, wie derselbe von alten und neuen Philosophen bestimmt worden, und behauptete alsdann, eine Darstellung der Weltgeschichte könne unmöglich eine Tragödie sein. Allerdings gab ich gern zu, daß der bis jetzt geltende Begriff von Tragödie zu eng sein möge. Wie es früher dramatische Dichtungen einer gewissen Gattung gegeben habe, ehe man den Namen Tragödie gefunden und mit demselben jene Gattung bezeichnet habe, so könnten wohl neue Dichtungen nöthigen, den Begriff der Tragödie zu erweitern. Wie man ihn aber auch fassen möge, so lange es ein Begriff bleibe, eine bestimmte Dichtungsgattung umfassend, so lange dieser Gattung andere Gattungen gegenüber ständen, so lange könne und dürfe die Weltgeschichte nicht als Tragödie bearbeitet werden, und eben so wenig als Komödie oder als Schäferspiel. Denn die Weltgeschichte sei, der Idee nach, alles, und Tragödien und Komödien seien kleine Theile derselben. Auch scheine mir die Einschränkung, daß es nicht die Weltgeschichte sei, die dargestellt werde, sondern der Geist der Weltgeschichte, oder, wie auch gesagt worden, der Geist der Menschheit, nicht weiter zu führen; denn leiblich erscheine der Geist der Menschheit doch nicht in dem Fragmente, und werde auch nicht in dem vollendeten »Faust« leiblich erscheinen können, um in eigener Person zu tragiren. Auch begriffe ich nicht, mit wem der Geist der Menschheit, falls er in Person erschiene, tragiren sollte; ich begriffe nicht, wen man diesem Geiste gegenüber oder an die Seite stellen könnte. Ich fürchtete daher, demselben werde nichts übrig bleiben, als endlose Monologen zu halten, oder sich einsam in der freien Luft zu ergehen. Und wie denn der Geist der Menschheit, wie er sich in der Weltgeschichte offenbare, gedacht werden könne? Wir sprächen zwar von einer Geschichte der Menschheit, und von einem Geiste der Geschichte der Menschheit und philosophirten über die Menschheit und ihre Geschichte, aber wir bezögen diese Ausdrücke doch nur aus die Vergangenheit. Von der Zukunft, die sie auch in die göttliche Tragödie hinein ziehen wollten, gelte noch immer Horazens Wort: futuri temporis exitum caliginosa nocte premit Deus. Die Vergangenheit aber, soweit wir dieselbe geschichtlich zu erkennen vermögen, sei sehr kurz, und doch abstrahirten wir aus ihr allein das Leben der Menschheit indem wir aus dem eigenen Geiste und den eigenen Gefühlen hinzuthäten, was uns 54 nöthig oder wünschenswerth zu sein scheine. Es wäre nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich, und ich glaubte, wir müßten es wünschen, daß unsere Nachkommen nach 10000 Jahren die Weltgeschichte ganz anders auffaßten, als wir, und in ihr, wenn nicht einen ganz anderen Geist, doch denselben Geist viel klarer, deutlicher und bestimmter erkennen würden; es wäre möglich, daß sie Alles, worin wir es so herrlich weit gebracht zu haben glaubten, nur als Anfänge, als kindische Versuche betrachteten und all unsere Weisheit als knabenhafte Thorheit.
»Hm! Hm!« – (dem Laute nach halb beifällig und halb zweifelnd.) –
Eben deßwegen hielte ich nicht für denkbar, daß irgendeinem Menschen der ungeheuere Gedanke in den Kopf kommen könne, das Leben der Menschheit, wenn nicht für das Theater, doch jedes Falles in dramatischer Weise zu bearbeiten, und am wenigsten könnte ich mir dieses von dem Dichter des »Faust« vorstellen, in dessen übrigen Schöpfungen z.B. in meinen Lieblingsgedichten der »Iphigenia« und dem »Torquato Tasso«, alles so hell und lauter erscheine, so wahr, menschlich und schön, so scharf und gerundet.
Dieses letzte Argument ward aber auf eine Weise schnöbe verworfen, welche ich, da ich ein Mal in das Schwatzen hineingekommen bin, nicht unberührt lassen möchte, weil sie am besten zeigen kann, wie es in den Köpfen einiger meiner Freunde aussah.
55 »Nun, ich bin begierig!«
Meine Freunde gaben zu, daß der Dichter des »Faust« den Gedanken gar nicht gehabt haben möge, ja vielleicht einen ganz anderen, aber sie behaupteten, daß er diesen Gedanken dennoch gegen sein Wissen und seinen Willen dem Gedichte zum Grunde gelegt und die ganze Dichtung mit demselben durchdrungen habe. Sie sahen nämlich die dichtende Kraft oder den Dichtergeist als eine unabhängige, freiwirkende Gewalt an, welche den Menschen, den man den Dichter zu nennen pflegt, nöthige, zu dichten und so zu dichten, wie er eben dichtet. Sie nahmen an, die Dichtung dringe aus dem s. g. Dichter hervor, wie etwa der Quell aus dem Felsen. Wie alte Theologen sich die Inspiration dachten, als habe der heilige Geist den heiligen Schriftstellern die Hand geführt, damit sie eben schreiben mußten, was sie geschrieben haben, kein Jota zu viel und kein Jota zu wenig, so dachten sie sich den Dichtergeist wie eine mystische Macht, die den Menschen, in welchem sie wohnt oder welchen sie erfaßt, nur als Werkzeug gebraucht, um sich in der Weise vor der Welt zu bewähren, in der sie sich eben bewähren will. Rhythmus, Metrum, Reim, alles ist nicht Werk des dichtenden Menschen, sondern die Wirkung des dichterischen Geistes, welchem der Mensch nicht zu widerstehen vermöge, er möge sich stellen, wie er wolle.
»So? Ei, das ist ja ganz charmant!«
Meine Gegenbemerkungen, z.B., daß zwar Gott nach einem altem Sprichworte, seine Gaben wunderbar vertheile und seinen Freunden vieles im Schlafe gebe, daß ich aber doch, wie hoch ich auch den Dichterehre, nicht umhin könne, nur Einen Geist anzunehmen, der sich zwar im Dichter anders offenbare als im Bildhauer, im Redner, im Geschichtschreiber, der aber doch immer derselbe bleibe; daß ferner die Dichter gerade bei ihren schönsten Werken tüchtige Vorstudien zu machen gehabt hätten, und namentlich der Dichter des »Faust« für den »Götz«, für die »Iphigenia«, für den »Tasso«, ja, daß sich fast alle Gedichte entweder auf Selbsterlebtes oder aus Überliefertes bezögen, und daß das Studium wie das Erleben bei dem Dichter ganz aus dieselbe Weise vorgehe, wie bei anderen Menschen; daß manche Dichter sich Jahre lang mit Entwürfen zu dichterischen Schöpfungen herumgetragen, und diese Entwürfe, zuerst ganz im Allgemeinen aufgefaßt, nach und nach schärfer gestaltet, selbst verändert, auch wohl Winke und Belehrung von kritischen Freunden erhalten und befolgt hätten, ehe sie zu der Ausführung geschritten; daß sie auch die Darstellung selbst nicht selten überarbeiteten, um den Stoff zu reinigen und die Form zu verbessern; die verschiedenen Ausgaben gäben Zeugnisse, daß viele Dichter die Musen um Beistand angeflehet, viele über die Hindernisse geklagt hätten, welche ihnen die Sprache in den Weg lege, und daß es daher offenbar sei, auch der Dichter habe seine Werkstatt, und er empfinde bei der Arbeit dieselben Geburtswehen, 57 an welchen andere Sterbliche zu leiden hätten –
»Da haben Sie wohl Recht.«
– Diese Gegenbemerkungen wurden als unphilosophisch, prosaisch und gemein zurückgewiesen. Und um mich vollends von der Nichtigkeit derselben zu überzeugen, wurde z.B. folgende Anekdote erzählt. Ew. Excellenz wären ein Mal in einem lebhaften Gespräche verwickelt gewesen. Sie hätten an einem Tische gesessen, auf welchem Ihr rechter Arm geruht habe. Während des Gespräches hätten Sie eine Bleifeder ergriffen und ein Stück Papier, beides mechanisch; denn Sie hätten gar nicht hingesehen. Sie hätten angefangen zu zeichnen, die Augen abgewendet und das Gespräch ununterbrochen fortsetzend. Am Ende hätte sich ergeben, daß Sie eine recht schöne Landschaft gezeichnet, und darüber seien Sie höchst verwundert gewesen; denn Sie hätten gar nicht gewußt, daß Sie die Bleifeder in der Hand gehalten, vielweniger, daß Sie gemalt hätten. So habe die dichterische oder die schaffende Kraft in Ihnen sich Ihrer Hand als bloßen Werkzeugs bedient; denn Sie habe sich offenbaren müssen, diese Kraft, und habe sich in diesem Augenblicke nicht anders offenbaren können.
»So?«
Ein zweites Beispiel. Meine Freunde behaupteten, Faust sei, oder solle sein, der Repräsentant der Menschheit und Mephistopheles das personificirte Böse.
58 Ich leugnete beides. Was Faust sein solle, sagte ich, oder was er einst sein werde, wenn die ganze Tragödie vollendet sei, lasse ich auf sich beruhen. Aber in dem Fragment sei er offenbar nicht Repräsentant der Menschheit, sondern ein einzelner. Neben ihm erschienen ja auch andere Menschen, wie der ehrliche Wagner, die tapferen Burschen, Frosch, Brander, Siebel und Consorten, die lüsterne Frau Marthe und das wunderliebliche Gretchen, welche sämmtlich doch auch zur Menschheit gehörten und, so zu sagen, einen Theil der Menschheit in sich trügen, wenn auch nur einen sehr kleinen. Wollte man aber den Faust etwa einen Repräsentanten der Menschheit nennen, wie ein Gesandter, der Repräsentant eines Reiches oder eines Volkes sei, oder ein Deputirter im englischen Parlamente der Repräsentant einer Grafschaft, einer Stadt, eines Fleckens, so fürchtete ich, es würde ihm nicht möglich sein, seinen Vollmachtsbrief vorzuzeigen. Auch sei es doch sonderbar, daß das Böse, welches sich im Leben der Menschheit finden möge, hier als Person neben dem Repräsentanten der Menschheit als gehorsamer Diener herlaufe und dergleichen mehr.
»Alles Dieses läßt sich hören; es sind jedoch nur Negationen, was Sie vorbringen oder vorgebracht haben, die nicht weiter führen. Indem Sie aber die Ansichten anderer von dem ›Faust‹ zu widerlegen suchten und zu diesem Zweck den ›Faust‹ abermals und abermals lesen mußten, sind Sie ohne Zweifel zu einer eigenen 59 Ansicht von dem wunderlichen Gedicht gekommen, die solchen Gründen als Sie aufgestellt haben, zu widerstehen im Stande ist. Wollen Sie nicht wenigstens zum Schlusse unserer Unterhaltung diese Ansicht, die Sie selbst aus der Lectüre des ›Faust‹ gewonnen haben, mittheilen?«.
In der That, Ew. Excellenz, habe ich wohl Versuche gemacht, die Idee, welche der Dichter darzustellen unternommen habe, aufzufinden, und aus derselben das Einzelne in dem Gedichte zu erklären; es hat auch wohl Augenblicke, vielleicht Stunden und Tage gegeben, in welchen ich an die Richtigkeit dieser Idee geglaubt habe. Aber sie ist mir immer wieder, wie man zu sagen pflegt, unter den Händen zerronnen, und mein Glaube ist verschwunden. Daher, wie ich alles Streiten längst aufgegeben habe, so habe ich auch aller Grübelei entsagt. Ich freue mich dessen, was wir haben, nehme es, wie es vorliegt, und überlasse anderen zu ergründen, was vielleicht unergründlich ist.
»Wie ist denn das möglich?«
Ich lese die einzelnen Scenen, und oft, und mache das Büchlein immer mit neuer Lust wieder auf. Des gelehrten Doctors Selbstpeinigung, die allerdings bei einem Manne von 54 Jahren etwas auffallend ist –
»Warum geben Sie ihm denn grade 54 Jahre?«
Auf und ab. Da Faust sich durch den Hexentrank 30 Jahre vom Leibe schaffen, und doch wohl, weil er nach gewissen Genüssen lüstern ist, nicht als unreifer 60 Bursche erscheinen will, so dächte ich 54 Jahre wären ungefähr ein angemessenes Alter.
»Nun, ich habe Sie unterbrochen, fahren Sie doch fort!«
Des Doctors Selbstpeinigung erregt mein Mitleid und macht mich besorgt für den Mann; seine weisen Lehren gewinnen meinen Beifall, sein Streben nach tieferer Erkenntniß meine Achtung, sein Gebet im Walde greift tief in meine Brust, und sein Gespräch mit Gretchen über Religion spricht lebendig zu meinem Herzen. Bei allen diesen Vorgängen nehme ich ihn, wie er eben erscheint, und suche weder den eitlen Hans in der Hexenküche, noch den groben Gesellen im Verkehre mit Mephistopheles, oder den arglistigen Verführer der Margaretha mit ihm, in jenen Vorgängen, in Übereinstimmung zu bringen. Und auf dieselbe Weise fasse ich die übrigen Personen, wie sie sich eben geben, jedes ihrer Worte in dem einfachen Sinne nehmend, den sie in der Sprache haben.
»Ja; so mögen denn die Orakelsprüche, Sentimentalitäten, Schelmereien, Spitzbübereien und Schweinereien auch ihr Interesse haben. Aber es ist ein kleinliches, ein zerhacktes Interesse. Ein höheres Interesse hat doch der Faust, die Idee, welche den Dichter beseelt hat, und welche das einzelne des Gedichtes zum Ganzen verknüpft, für das Einzelne Gesetz ist und dem Einzelnen seine Bedeutung giebt.«
Darüber könnte freilich der Dichter den besten Ausschluß geben.
61 »Mit diesem Aufschlußgeben wäre die ganze Herrlichkeit des Dichters dahin. Der Dichter soll doch nicht sein eigener Erklärer sein und seine Dichtung in alltägliche Prosa sein zerlegen; damit würde er aufhören Dichter zu sein. Der Dichter stellt seine Schöpfung in die Welt hinaus; es ist die Sache des Lesers, des Ästhetikers, des Kritikers, zu untersuchen, was er mit seiner Schöpfung gewollt hat.«
Ich gebe dieses alles sehr gern zu, Ew. Excellenz, aber mir scheint doch auch, daß es dem Leser oder Kritiker unmöglich sein werde, die Idee der ganzen Schöpfung anders, als aus der ganzen Schöpfung zu gewinnen.
»Aber wir erkennen doch im Torso den Herkules.«
In tantum, Ew. Excellenz. Wir erkennen in dem schön bearbeiteten colossalen Block, den ich leider nicht gesehen habe, daß derselbe der Rumpf einer kolossalen Statue gewesen sein müsse, und wir sind, so zu sagen, stillschweigend übereingekommen, in dieser Statue den Herkules zu sehen, weil wir sie sonst nicht unterzubringen wissen. Wenn aber irgend ein Zauberer die Statue wieder herstellte und ihr den Torso ohne Fuge und Naht einverleibte: so würde sich doch vielleicht zeigen, daß selbst Winkelmann sich geirrt habe, und daß der Torso nicht einem sitzenden Herkules den Kopf auf die Hand gestützt und das Auge zum Himmel gerichtet angehöret habe. Ich sage, das wäre möglich.
62 »Soll ich etwa an Statt des Torso die Löwenklaue nennen?«
Wenn uns eine abgeschnittene Klaue dargeboten würde, also ein Fragment eines Löwen, so würden wir gewiß erkennen, daß es eine Löwenklaue sei, aber ich fürchte den Löwen, von welchem sie abgeschnitten ist, würden wir nimmermehr erkennen. Und wenn das Geschlecht der Löwen ausgestorben wäre, und die abgeschnittene Klaue würde einem großen Kenner der Natur vor die Augen gelegt, so würde er gewiß sogleich behaupten, es sei die Tatze eines großen und starken Thieres, etwa aus dem Katzengeschlechte; ob er aber aus dieser Tatze den Löwen, wie er leibt und lebt, zu construiren im Stande fein würde, scheint mir weniger gewiß. So halte ich für unmöglich, daß Jemand den »Faust« zu lesen vermöchte, ohne den großen und gewaltigen Dichtergeist zu erkennen, der, ich möchte sagen, in jeder Zeile wehet und wirkt, einen Dichtergeist, den das Heiligste durchdrungen und das Gemeinste ins Auge gefaßt hat, ohne von demselben besudelt oder nur berührt zu werden. Aber für unmöglich halte ich, aus dem Fragment einen ganzen »Faust« zu construiren, oder in dem Fragment eine Idee aufzufinden, aus welcher die vorliegenden Scenen ebensowohl erklärt werden könnten, als was noch an einem Ganzen fehlen mag.
»Und dennoch hat man allgemein einen Mittelpunkt gesucht, aus welchem heraus das einzelne, sich gegenseitig 63 ergänzend, erwachsen sei und ferner erwachsen könnte. Und große Gelehrte und geistreiche Männer haben es nicht für zu gering gehalten, sich nach diesem Mittelpunkt umzusehen.«
Das zeugt jedes Falles für das allgemeine Bedürfniß eines solchen Mittelpunktes.
»Was hat denn aber dieses Bedürfniß erzeugt? Doch ohne Zweifel das Fragment selbst. Das Einzelne, das Ihnen zu genügen scheint, hat andere nicht befriedigt, und doch haben sie das Büchlein nicht hinweg geworfen, sondern sie haben es festgehalten, oder es von Neuem und abermals wieder in die Hand genommen. Es muß also doch Etwas in dem Büchlein sein und durch das Büchlein hindurch gehen, das auf den Mittelpunkt hinweist, auf die Idee, die in allem und jedem hervortritt.«
Ich habe nicht gerade gesagt, Ew. Excellenz, wenigstens hätte ich nicht sagen sollen, daß mir das Einzelne genüge, sondern ich habe nur sagen wollen, daß ich mich des Vorhandenen freue, und daß ich das tiefere Forschen darum aufgegeben habe, weil meine Versuche mißlungen wären, und weil mir auch die Versuche Anderer mißlungen zu sein schienen. Und dann gestehe ich auch, daß die beständige Erneuerung dieser Versuche, den Mittelpunkt oder die Grund-Idee des Faust aufzufinden nicht gerade so zu erklären sein dürfte, wie Ew. Excellenz sie zu erklären geruhet haben.
64 »Wie wollten Sie dieselbe denn anders erklären, als aus der poetischen Richtung des Einzelnen, welche auf einen nothwendigen Zusammenhang, also auf einen Mittelpunkt, auf eine Grundidee hinweist überall?«
Das könnte vielleicht aus mehr, als Eine Weise geschehen. Wenn aber Ew. Excellenz mir verstatten wollen, nur eins anzuführen, das mitgewirkt haben könnte zu diesem allgemeinen Eifer in der Erklärung des »Faust«, so möchte ich mir fast erlauben, mit Worten aus dem Faust zu sprechen, wenn es auch Hexen- und Teufelsworte sind:
»Wie gehört diese Hexeneinmaleins hierher? Was wollen Sie damit sagen?«
Mit andern Worten:
Und je geheimnißvoller der Widerspruch ist und je rascher sich ein Widerspruch an den anderen drängt, als sollten sie sich gegenseitig, wie ergänzen, so erklären oder auflösen, desto stärker und allgemeiner, denke ich, muß das Verlangen werden, wenn der gemeine Ausdruck verstattet ist, dahinter zu kommen.
65»Im Allgemeinen möchte in dieser Bemerkung immer einige Wahrheit sein. Auf den besonderen Fall aber angewandt, scheinen Sie die große Theilnahme, welche der ›Faust‹ gefunden hat, nicht dem Werke selbst, nicht der Macht der Poesie zuzuschreiben, sondern einem mystischen Etwas, das hinter dem ›Faust‹ liegt; die Leser werden nicht angezogen durch das, was ihnen dargeboten ist, sondern durch Etwas, was sie zu suchen veranlaßt werden, und was sie niemals zu finden vermögen.«
So ist es nicht gemeint, Ew. Excellenz. Ich habe ja von mir selbst gesagt, daß ich mich des Gegebenen herzlich erfreue, und ich hätte hinzusetzen können, daß ich des »Faust« erst recht froh geworden bin, seitdem ich mich entschlossen habe, das einzelne zu genießen, und das Suchen nach einer Grundidee, nach einem Mittelpunkt, wodurch mir der Genuß verkümmert worden war, gänzlich auszugeben. Es ist aber eben die Macht der Poesie, welche das ergriffene Gemüth überwältigt und den klügelnden Verstand anreizt, noch einen tieferen Sinn in den Worten und Darstellungen zu vermuthen: er weiß sonst den Eindruck nicht zu erklären; denn er ist eben nicht poetisch, der Verstand. Würden ihm die Widersprüche in schlichter Prosa dargeboten, oder in Reimen ohne Poesie, so würde er die Widersprüche ohne Weiteres als unvernünftig zur Seite schieben.
»Also abermals die Widersprüche? Wollten Sie 66 nicht die Güte haben, den einen oder den anderen dieser Widersprüche etwas näher zu bezeichnen, an welchen Sie Anstoß genommen haben, oder welche Ihnen so geheimnißvoll zu sein scheinen, daß Kluge und Thoren sich zu der Auflösung aufgefordert fühlen?«
Hatte ich ahnen können, daß mir die Ehre zu Theil werden würde, mit Ew. Excellenz diesen Morgen ein solches Gespräch zu führen, so würde ich den »Faust« einmal wieder durchgelesen haben, um Alles frisch und lebendig aufzufassen; denn es ist mir in der letzten Zeit so mancherlei durch den Kopf gegangen, daß eins und das andere im »Faust« doch zurückgetreten ist. Und deßwegen, und weil ich ohnehin doch nur wenig werde vorbringen können, will ich den ganzen wunderlichen Hexenspuk übergehen, obwohl derselbe, als dem Glauben einer früheren Zeit angehörend, mit der Welt, in welcher wir leben, in einem schneidenden Widerspruch steht. Und auch die Geistererscheinungen will ich übergehen, die nicht minder jenes Geheimnißvolle an sich haben, das die Seele stachelt. Selbst den prächtigen Gesellen Mephistopheles will ich nicht anführen, obwohl er wohl Stoff zu mancher Bemerkung darböte. Dieser Teufel ist so stark von der Cultur beleckt worden, daß er ein recht behaglicher Gesellschafter zu sein scheint, sehr verschieden von dem alten Teufel, der wie ein brüllender Löwe herumlief und die Menschen zu verschlingen suchte. Nur die Atmosphäre wird durch ihn, nach Gretchens Bemerkung, etwas 67 schwül gemacht, trotz seines freiherrlichen Benehmens. Da er aber nicht Ein Teufel aus vielen ist, sondern da er sich selbst den Teufel nennt und den Gruß der Seinigen als Junker Satan annimmt, so muß man erstaunen, daß der Fürst der Finsterniß sich soweit herab läßt, den Diener eines so unholden Herrn zu machen; man muß sich wundern, daß er sein großes Reich so lange verlassen kann, um sich um die Seele eines pedantischen Magisters zu bewerben, und man kommt zu dem Schlusse, daß, wenn der Teufel sich so viele Mühe um jede Seele geben muß, die Hölle unmöglich stark bevölkert sein kann. Doch dieses sind nur Einfälle des Augenblickes; ich komme auf den Helden, auf Faust selbst.
Faust ist, wie mir scheint, am besten von dem Dichter selbst bezeichnet worden. Mephistopheles nennt ihn einen »übersinnlichen, sinnlichen Freier«, allerdings nur in Beziehung auf Gretchen; aber es ist wahr in Beziehung auf alles, um das er sich bewirbt, wonach er strebt. In ihm sind unverkennbar zwei Seelen –
»Hm!« –
Diese beiden Seelen, zusammengewachsene Zwillinge, befinden sich mit einander in einem unausgleichbaren Kampfe. Die eine, der göttlichen Natur im Menschen entsprechend, strebt dahin, woher sie stammt, nach dem Göttlichen, nach Wahrheit, Erkenntniß, Licht; die andere, die thierische Natur im Menschen, treibt zu jeglichem sinnlichen Genuß. Das ist nun, meine ich, nichts Unerhörtes; 68 derselbe Kampf findet sich mehr oder minder, verschieden gestaltet und gerührt, in dem Leben eines jeden Menschen; das Abweichende und Widersprechende ist aber, daß sonst die thierische Natur wohl in der Jugend von Zeit zu Zeit den Sieg gewinnt, in späteren Jahren aber von der göttlichen überwunden wird, daß in Faust hingegen die göttliche Natur ein halbes Jahrhundert vorherrschend gewesen ist, und daß alsdann die thierische alle Gewalt dergestalt ausübt, daß er, der alternde Mann mit erkünstelter Jugend, oder vielmehr mit einer Hexenjugend, daß
Und nur von Zeit zu Zeit erinnern seine Worte, im Widerspruche mit seinen Handlungen, daran, daß einst ein höherer Geist in ihm gelebt und gewirkt hat. Im wirklichen Leben ist das üppige Alter widerwärtig, und ein lockerer Greis eine häßliche Erscheinung; den Faust macht nur die Poesie erträglich. Das ist der erste Widerspruch. Und andere drängen sich hervor.
Faust tritt auf, nachdem er schon Philosophie, Juristerei, Medicin und Theologie mit heißem Bemühen studirt hat. Nun macht er die Entdeckung, daß wir Nichts wissen können, aber zugleich auch die Entdeckung, daß er weder Gut noch Geld, noch Ehr und Herrlichkeit der Welt hat. Darum mag er so nicht länger leben. Aber er weiß auch recht gut,
69Denn er antwortet selbst:
Auch verschreibt er sich sogleich ein Recipe:
Anstatt aber der eignen Vorschrift zu folgen, anstatt sich von allem Wissensqualm zu entladen und in die Natur hinaus zu gehen, ergreift er »das Buch von Nostradamus eigner Hand« und fängt an die Geister zu beschwören. Die Erscheinung bringt ihm nur Schauer, Demüthigung, Verwirrung. In der Fülle der Gesichte aber wird er gestört durch den ehrlichen Wagner, den trocknen Schleicher. Und wie schön und menschlich weiß er, der Mann der Verzweifelung, »des unerklärten Schmerzes«, der unendlichen Sehnsucht, wie schön und menschlich weiß er den redlichen Forscher an die einzige Quelle zu verweisen, aus welcher allein der Mensch sein heiligstes Bedürfniß befriedigen kann.
Er aber verläßt diese Quelle und ergiebt sich dem Teufel.
Bei seiner ersten Erscheinung mit Mephistopheles spricht er noch eine Sprache, die seines früheren Strebens würdig ist. Er stellt seine Forderungen so hoch, daß man, wenn er auf die Erfüllung bestände, selbst die Ergebung an den Teufel verzeihen, daß man begreiflich finden würde, wie er geglaubt habe, um einen solchen Preis dürfe und müsse er selbst seine Seele verkaufen.
Diese Worte erregen hohe Erwartung. Sie eröffnen die Aussicht auf Großes, Gewaltiges, Erhabenes. Mephistopheles aber hat den Mann schon durchschauet, das beweiset die schnöde und höhnische Weisheit, welche er dem Manne zu predigen wagt, der alle Wissenschaften studirt hat. Und wenn Faust ihm auch noch ein Mal mit einem scheinbar entschiedenen: »ich will« entgegentritt, so läßt er sich nicht irre machen. Und bald hat er die Freude zu sehen, daß der Held Vernunft und Wissenschaft vergißt oder verräth, daß er mit der feigen Frage:
allem Willen entsagt, daß derselbe sich mit der Antwort begnügt:
Deßwegen höhnt ihn Mephistopheles denn auch noch:
Er setzt hinzu, als hätte er die Entdeckung gemacht, daß es kaum der Mühe werth gewesen, sich um diese arme Seele zu bewerben, weil sie ihm doch nicht entgangen sein würde:
Und in der That, welchen Gewinn hat denn Faust, der so Großes erstrebte, so Großes wollte, aus dem Bunde mit dem Teufel gezogen? Er hat mit Hülfe desselben ein junges, liebes, unschuldiges Mädchen verführt; das ist Alles. Und für diesen Zweck sind die aufgewandten Mittel etwas groß; denn ein solches Bubenstück ist schon manchem gelungen, ohne daß er einen Bund mit dem Teufel geschlossen, einen Hexentrank verschlungen oder Geschenke der Hölle angewendet hätte, um dem armen Kinde die Augen zu verblenden. Ist es daher zu verwundern, daß so viele, unbefriedigt von einem solchen Resultate, sich gleichsam von der Handlung losreißen, eine hohe Idee hinter derselben suchen, jede Scene, ja jedes Wort symbolisch nehmen, und es nach der Idee des Ganzen erklären oder deuten?
»Alles, was Sie da vorbringen, kann nichts gelten. In der Poesie giebt es keine Widersprüche. Diese sind nur in der wirklichen Welt, nicht in der Welt der Poesie. 72 Was der Dichter schafft, das muß genommen werden, wie er es geschaffen hat. So wie er seine Welt gemacht hat, so ist sie. Was der poetische Geist erzeugt, muß von einem poetischen Gemüth empfangen werden. Ein kaltes Analysiren zerstört die Poesie und bringt keine Wirklichkeit hervor. Es bleiben nur Scherben übrig, die zu nichts dienen und nur incommodiren.«
Eben deßwegen habe ich alles Räsonniren verworfen, und nehme die Handlung rein und lauter, wie sie dargestellt, und jedes Wort, wie es gesprochen worden ist.
»Aber Sie nehmen nur immer die einzelnen Scenen, Sprüche, Wörter, und wollen von dem Ganzen nichts wissen.«
Weil es dem Dichter nicht gefallen hat, uns ein Ganzes zu geben. Wir haben ja nur Bruchstücke.
»Aber eben weil es Bruchstücke sind, müssen sie ja zu einem Ganzen gehören, und im Ganzen poetisch aufgefaßt werden.«
Ich gestehe, daß dazu eine größere poetische Empfänglichkeit gehören würde, als deren ich mich rühmen kann. Sollte es dem Dichter gefallen, einmal das Ganze vorzulegen, so werde ich gewiß versuchen, dieses Ganze in mich aufzunehmen, und die Idee zu erkennen, von welcher er bei seiner Schöpfung ausgegangen ist. Nur würde es mir sehr wehe thun, wenn irgend Etwas von diesem Fragmente, das mir so wohl bekannt und so lieb geworden ist, in dem Ganzen verloren ginge.
73»Wie könnten aber diese Bruchstücke in einem Ganzen verloren gehen, aus welchem sie herausgenommen sind? Sie werden in demselben als organische Theile erscheinen und erst ihre wahre Bedeutung erhalten.«
Diese Äußerung Ew. Excellenz scheint zu beweisen, daß das Ganze schon wirklich vorhanden ist. Aldann würde ich mich unendlich freuen, wenn es bald erschiene, und durch die Erscheinung würde auch allem Streit ein Ende gemacht werden.
»Es ist vorhanden, noch nicht alles geschrieben, aber gedichtet. – Nun? Sie schweigen? Sie sehen mich ungläubig an?«
Wie könnte ich wagen, den Worten Ew. Excellenz meinen Glauben zu versagen? Ich bin nur überrascht und muß beschämt meinen Irrthum und meine Schwäche bekennen.
»Wie so? – Beichten Sie einmal!«
Da Ew. Excellenz die Gnade gehabt haben, mir so lange geneigtest zuzuhören, daß ich selbst betreten bin über alles, was ich zu sagen mir erlaubt habe, so will ich denn auch ehrlich bekennen, daß ich wirklich oft, weil ich es glaubte, auch behauptet habe, dieses sogenannte Fragment gehöre keinesweges einem Ganzen an, aus welchem es als Bruchstücke, gleichsam zur Probe mitgetheilt wäre und sei auch nicht im Geist eines Ganzen gedichtet, ja es sei kein dramatisches Werk, möge man es eine Tragödie nennen oder anders, das irgend eine Idee, irgend einen Gedanken, abgerundet 74 und vollendet darstellen und zur Anschauung bringen solle, – es sei kein solches dramatisches Werk möglich, in welches diese Bruchstücke dergestalt eingefugt werden könnten, daß sie als organische Theile des Ganzen, ergänzend und ergänzt, erscheinen könnten. Allerdings könnten noch viele Scenen hinzugefügt werden, im Anfang, am Ende, in der Mitte, diese Scenen würden ohne Zweifel von demselben hohen Dichtergeiste Zeugniß geben, der uns aus dem gegenwärtigen »Faust« so gewaltig anspräche, auch möchten sie durch die Namen Faust, Mephistopheles, Gretchen, Wagner mit dem vorliegenden Fragment in Verbindung gebracht werden können und uns bekannte Gestalten zeigen, aber sie würden immer nur an die Handlungen des Fragmentes und aneinander gereihet sein, und niemals würde ein Ganzes entstehen, das sich, wie von innen heraus, wie organisch gebildet, darstellte. Die Gründe, auf welche ich diese Behauptung stützte, liegen in dem, was ich früher gesagt habe, und mir schien die Behauptung auf diesen Gründen allerdings ziemlich festzustehen. Nach dem aber, was Ew. Excellenz so eben zu versichern die Gnade gehabt haben, muß ich allerdings einräumen, daß ich im Irrthume gewesen bin, aber Sie werden mir auch gewiß verzeihen, wenn ich bekenne, daß ich nur durch die Erscheinung des ganzen »Faust« selbst von meinem Irrthum völlig geheilt werden kann.
»Es ist Ihnen nicht zu verargen, daß Sie sehen und nicht glauben wollen. Wie aber haben Sie sich 75 denn die Entstehung des ›Faust‹ gedacht? Habe ich Sie recht verstanden, so sind Sie der Meinung gewesen, und sind noch der Meinung, daß der Dichter gar nicht gewußt hat, was er wollte, als er die Dichtung begann, sondern daß er aus das Gerathewohl, daß er in das Blaue hinein gedichtet und sich nur des Namens ›Faust‹ wie einer Schnur bedient habe, um die einzelnen Perlen aufzuziehen und vor der Zerstreuung zu bewahren.«
Es bleibt mir nur übrig, Ew. Excellenz einfach und kurz zu erzählen, wie mir durch häufiges Lesen des »Faust« die Sache erschienen ist. Der Dichter kannte die Sage vom Faust, wohl auch ein Puppenspiel; zugleich ward er, vielleicht sehr früh, veranlaßt, sich in Schriften, die Magie, Alchymie und andere geheime Wissenschaften betreffend, umzusehen. Hierauf kam er als Student nach Leipzig und sah in Auerbach's Keller das alte Bild, auf weichem, wie mir erzählt worden ist, Faust auf einem Fasse reitend den Keller verläßt. Dieses Bild ergötzte ihn bei seinen Kenntnissen des Faust. Nun mag ein wildes Studentengelag in Auerbach's Keller hinzugekommen sein, von welchem der Dichter Zeuge war, von welchem er jedesfalles unterrichtet wurde. So ward er veranlaßt, einen Scherz zu machen, das Gelag und Fausts Erscheinung im Keller zu verbinden und theils wahr und theils ergötzlich darzustellen. Die Scene in Auerbach's Keller schien mir zu allererst geschrieben zu sein; sie ist so frisch, so lebendig, so jugendlich, so burschikos, daß ich geschworen haben würde, sie sei in Leipzig von dem Dichter-Studiosus geschrieben oder gedichtet worden. Die zweite Scene, die nach dem Auftritte im Keller gedichtet worden, schien mir der Auftritt zwischen dem Schüler und Mephistopheles. Diese Scene ist gleichfalls so frisch, so lebendig und wahr, daß sie nur aus der unmittelbaren Anschauung des Lebens und Treibens auf der Universität, wie es gewesen, wie es wohl hier und dort auch noch ist, hervorgegangen sein muß. Hat man die Universität nur einige Jahre verlassen, so denkt man kaum noch an das Collegium logicum und an die rastlose Heftschreiberei des Trosses der Studirenden. Das Gespräch mit dem Schüler aber konnte Faust nicht führen, nur Mephistopheles durfte solche höhnende Bezeichnungen der Wissenschaften aussprechen; um daher den Schüler mit dem Mephistopheles zusammen zu bringen, war die Scene zwischen diesem und Faust nothwendig, welche jenem Gespräche vorausgeht. Diese schien mir daher als die dritte der Dichtung, nach der Zeit berechnet. Und nun sind die übrigen nach und nach entstanden, so wie irgend ein Vorgang im Leben den Dichter reizte oder beschäftigte. So mag die Verführung eines Mädchens Veranlassung zu der Schöpfung der lieben, unschuldigen und unglücklichen Margarethe gegeben haben, die ich, trotz ihrer garstigen und rauhen Hände, von welchen sie selbst spricht, schön nennen würde, wenn man sich auf des 77 Doctors Geschmack verlassen könnte; in diesem Doctor aber regt sich, seit er den Hexentrank verschlungen hat, Cupido, und springt hin und wieder, und des Mephistopheles schnödes Wort
schreckt zurück. Und um aus dem alten Pedanten einen Galan zu machen, der um Margaretha mit Glück freien durfte, war die Hexenküche nothwendig, und um Margaretha ins Garn zu locken, mußte die Nachbarin Martha hereingezogen werden. Zuletzt von Allem schien mir der Monolog gedichtet zu sein, mit welchem Faust das Fragment eröffnet; der Hans Lüderlich sollte zu Ehren gebracht, es sollte ihm ein Empfehlungsschreiben an die Welt mitgegeben werden, damit man ihn zuließe, auch in honnete Gesellschaft.
»Nun, nun, das ist auch eine Meinung, und eine Meinung, die schon bestritten, vielleicht schon widerlegt ist. Sie gäbe Stoff zu neuen Gesprächen oder zur Fortsetzung des gegenwärtigen. Wir wollen indeß für dieses Mal abbrechen, und den Gegenstand nicht wieder aufnehmen, bis die ganze Tragödie vorliegt.« –
So weit habe ich Goethes Unterhaltung mit mir, wenige Tage nach derselben, aufgeschrieben, und hier nur einiges, im Besondern einzelne Namen, ausgelassen, und einige Sätze abgekürzt. Als jetzt eine kleine Pause entstand und ich Goethen bestimmter ins Angesicht schauete, kam mir vor, als ob seine Züge weniger freundlich seien, als früher. Zwar hatte ich auch während des Gespräches zuweilen bemerkt, daß seine Augen stark hin und her rollten, aber das war auch am vorigen Abende bei der heitersten Stimmung der Fall gewesen, und darum hatte ich weder auf dieses Rollen, noch auf eine Veränderung der Stimme zum Kurzen und Scharfen hin geachtet. Jetzt fiel mir sein Gesicht etwas auf, und diese Bemerkung brachte eine kleine Unruhe in mir hervor. Als er nach einigen Augenblicken von neuem das Wort nahm, zeigte sein Gesicht abermals eine große Freundlichkeit, aber es war derselben ein Zug beigemischt, den ich weder jetzt zu benennen weiß, noch damals zu deuten wußte. Indeß sammelte ich mich und faßte den Entschluß, mich in keiner Weise verblüffen zu lassen, überall bescheiden nachzugeben, aber auch jedesfalles auf dem Weg fortzuwandeln, den ich einmal eingeschlagen hatte, oder vielmehr, auf den ich, ohne zu wissen wie, gerathen war. Und bald nach dem Beginne des Gespräches kam mir vor, als habe er die Absicht, mich einwenig zu necken, um zu versuchen, ob ich fest, und wie fest ich im Sattel säße. Das schien mir aus den Wendungen seiner Fragen und Einwürfe hervor zu gehen, welche letztere mir zuweilen etwas wehe thaten, mir, einem jungen Manne, der ich, wie ich wohl sagen darf, begeistert war für meinen neuen Beruf, und große Dinge erwartete von meiner künftigen akademischen Wirksamkeit. Goethe begann:
79»Ja, wir haben lange geplaudert. Und doch sind wir noch gar nicht auf das gekommen, worüber ich mich mit Ihnen zu unterhalten gedachte, auf Ihr eigenes Vorhaben, auf Ihr Thun und Treiben. Sie wollen also – Geschichte lehren? wollen ein – Historiker werden? oder vielmehr sind ein – Historiker?«
Meine Absicht ist allerdings, einen Versuch zu machen, Geschichte zu lehren: Ob es mir gelingen werde, Theilnahme zu finden oder zu erregen, ist eine andere Frage. Übrigens würde das eine unverzeihliche Anmaßung sein, wenn ich sagen wollte, ich sei ein Historiker, dagegen leugne ich nicht, daß es mein heißester Wunsch ist, einst diesen hohen Namen zu verdienen. Und an Fleiß und Anstrengung soll es gewiß nicht fehlen; der Erfolg liegt in Gottes Hand.
»Warum sollte das Lehren der Geschichte Ihnen nicht gelingen? Sie haben eine reine, wohlklingende Stimme und gute Manieren; Sie werden gut erzählen und das Erzählen ist leicht. Und wer hört nicht gern guten Erzählungen zu? Das Kind liebt es, sich was erzählen zu lassen, und der Greis hat noch dieselbe Lust oder dieselbe Schwachheit, gleichviel. Und warum wollten Sie sich gegen den ›hohen‹ Namen eines Historikers sperren? Ein jeder, der sich mit der Historia beschäftigt, ist ein Historicus.«
Die Worte Ew. Excellenz sind eben nicht sehr ermunternd für einen jungen Mann, der entschlossen ist, 80 sein Leben der Geschichte zu widmen, der Forschung, dem Lehren, der Darstellung.
»Warum nicht? Ich dächte, ich hätte einen heiteren Glanz auf diese heilige Dreieinigkeit geworfen.«
Eine Erzählung, welcher Jung und Alt ein geneigtes Ohr leiht, die Erzählung einer Anekdote nämlich, mag leicht sein, und doch giebt es nicht viele Menschen, die eine Anekdote gut zu erzählen wissen; die Erzählung großer und complicirter Ereignisse und Begebenheiten hingegen, wie sie im Leben der Völker und Staaten vorkommen, hat denn doch wohl einige Schwierigkeiten, die nicht oft überwunden werden. Wenigstens wüßte ich nicht, daß es viele große Lehrer der Geschichte gegeben hätte, d.h. solche Lehrer, welche die Gegenstände der Geschichte klar und anschaulich zu entwickeln und ein lebendiges Interesse in ihren Zuhörern zu erregen und zu erhalten verstanden hätten. Und alsdann ist ja auch die bloße Beschreibung geschichtlicher Dinge oder die bloße Erzählung der Begebenheiten nicht die Hauptsache bei dem Lehren der Geschichte, es soll vielmehr durch die Erzählung der Sinn und die Bedeutung der Begebenheiten erkennbar gemacht werden. Was aber das Studium der Geschichte betrifft, so ist dasselbe, weil das Feld unermeßlich ist, gewiß das schwierigste von allen Studien.
»Zu dieser Meinung sind Sie wohl zunächst gekommen, weil Sie sich am meisten mit der Geschichte beschäftigt haben. Wäre Mephistopheles gegenwärtig, 81 so würde er etwa folgenden Knittelreim pathetisch herdeclamiren:
Ganz unwahr mag der Spruch nicht sein; und vielleicht hält darum z.B. jeder Philosoph seine eigenen Gedanken für die richtigsten, ja sein eigenes System für das einzig wahre, weil er beides nur mit großer Mühe zu Tage gefördert hat, während er fremde Gedanken bequem vom Blatte ablieset. In Beziehung auf die Geschichte indeß bin ich doch der Meinung des guten Wagner, daß schon die Mittel schwer zu erwerben sind, womit man zu den Quellen steigt, und weiß gar wohl, daß die Zahl dieser Quellen, zu welchen man steigen muß, nicht gering ist. Es ist doch auch viel vorgearbeitet, viel gethan. Die meisten Quellen sind längst durchforscht; was sie an reiner Fluth enthielten, ist ausgeschöpft, nur trübes Wasser zurückgeblieben.«
82Es wäre aber doch möglich, daß die Forscher das Wasser auch zuweilen getrübt hätten, und daß man, würde dasselbe abgeklärt, neue Entdeckungen machen würde. Auch dürfte noch manche Quelle nicht durchforscht und ausgebeutet sein.
»Und wenn Sie nun auch alle Quellen zu klären und zu durchforschen vermöchten, was würden Sie finden? Nichts anderes als eine große Wahrheit, die längst entdeckt ist, und deren Bestätigung man nicht weit zu suchen braucht; die Wahrheit nämlich, daß es zu allen Zeiten und in allen Ländern miserabel gewesen ist. Die Menschen haben sich stets geängstigt und geplagt, sie haben sich unter einander gequält und gemartert, sie haben sich und anderen das Bischen Leben sauer gemacht, und die Schönheit der Welt und die Süßigkeit des Daseins, welche die schöne Welt ihnen darbietet, weder zu achten noch zu genießen vermocht. Nur wenigen ist es bequem und erfreulich geworden; die meisten haben wohl, wenn sie das Leben eine Zeit lang mitgemacht hatten, lieber hinausscheiden, als von neuem beginnen mögen. Was ihnen noch etwa einige Anhänglichkeit an des Leben gab oder giebt, das war und ist die Furcht vor dem Sterben. So ist es, so ist es gewesen, so wird es wohl auch bleiben. Das ist nun einmal das Loos der Menschen. Was brauchen wir weiter Zeugniß«?
Ich sah Goethe an; er machte ein sehr ernstes Gesicht. Dennoch antwortete ich halb lachend:
83Ich kann unmöglich glauben, daß dieses Ew. Excellenz eigene Meinung sei. Mir kommt vor, Mephistopheles habe abermals gesprochen. (Goethe lächelte.) Wenn auch viele Menschen in alten und neuen Zeiten so gelebt haben mögen, so ist deßwegen ein solches Leben noch nicht das Loos der Menschen, und das Loos der Menschen ist auch nicht das Schicksal der Menschheit.
»Die Menschheit? Das ist ein Abstractum. Es hat von jeher nur Menschen gegeben und wird nur Menschen geben.«
Das Wort bezeichnet, denke ich, den Menschengeist, wie derselbe sich in dem gesammten Leben der Menschen entwickelt und offenbart. Das Abstractum muß daher von dem Leben der Menschen abstrahirt werden. Im Leben der einzelnen Menschen kann das Wesen und der Geist nicht erkannt werden, weil es unübersehbar ist; es ist nur zu erkennen im Leben der Völker, in den gesellschaftlichen Verhältnissen der Menschen. Wer den Geist eines Volkes erkennt, wie derselbe sich in dem Leben des Volkes gezeigt hat, der hat das Wesen des Lebens aller Menschen erkannt, die zu diesem Volke gehörten. Und der Gesammtgeist aller Völker ist die Menschheit.
»Es ist mit den Völkern, wie mit den Menschen. Die Völker bestehen ja aus Menschen. Auch sie treten ins Leben, wie die Menschen, treiben's, etwas länger, in gleich wunderlicher Weise, und sterben gleichfalls entweder eines gewaltsamen Todes, oder eines Todes 84 vor Alter und Gebrechlichkeit. Die Gesammtnoth und die Gesammtplage der Menschen ist eben die Noth und die Plage der Völker.«
Aber, wie Menschen späteren Menschen, so lassen Völker späteren Völkern etwas zurück, das nicht mit ihnen stirbt.
»Sie lassen etwas zurück? Freilich. Mephistopheles würde vielleicht in seiner Weise sagen:
Und vielleicht setzte er gutmüthig warnend hinzu, der Schalk:
Der Schatten, den ein Volk wirst, es mag blühen oder zu Grunde gehen, fällt zurück, nicht vorwärts; er fällt auf die früheren Völker und nicht auf uns, die späteren Enkel, oder wir müßten uns freiwillig und einfältig zugleich hineinstellen. Was uns ein Volk hinterläßt, wenn es nicht überhaupt ohne Nachlaß verscheidet, ist der Geist seines Lebens. Wir müssen uns nur bemühen, die Erbschaft gehörig zu würdigen und zu benutzen, und uns nicht mit dem Inventario begnügen. Wir müssen die Geschichte des Volkes studiren, 85 und was sie zeigt, verwenden; denn die Geschichte eines Volkes ist das Leben des Volkes.
»Die Geschichte eines Volkes, das Leben des Volkes? Das ist kühn! Wie wenig enthält auch die ausführlichste Geschichte, gegen das Leben eines Volkes gehalten? Und von dem Wenigen, wie Weniges ist wahr? Und von dem Wahren, ist irgend etwas über allem Zweifel hinaus? Bleibt nicht vielmehr alles ungewiß, das Größte, wie das Geringste? Daher scheint doch das Wort von Faust festzustehen:
Gewiß, Ew. Excellenz! so weit hat der Dichter vollkommen Recht; er würde aber Unrecht gehabt haben, wenn er hinzu gesetzt hätte, daß auch nur eins dieser sieben Siegel unlösbar wäre.
»Lösbar sind sie vielleicht; es fehlt aber das Instrument, sie zu sprengen.«
Ich möchte doch glauben, daß dieses Instrument nicht fehle. Wir vermögen sogar an jedes geschichtliche Werk, an jede Überlieferung einen dreifachen Hebel anzulegen: die Kenntniß der Zeit, die jener Zeit vorausgegangen ist, von welcher die Überlieferung berichtet; die Kenntniß der Zeit, die jener Zeit nachfolgte und gleichsam ein Product derselben gewesen; und endlich die Wahrheit, die jede Überlieferung theils durch ihr bloßes Dasein, theils durch ihre Eigenthümlichkeiten der Ansicht, der Auffassung, der Darstellung, in sich trägt. 86 Der Stützpunkt für jeden dieser Hebel ist die menschliche Natur, das Gewicht der eigene Geist des Forschers.
»Ihre Ausdrücke erinnern mich daran, daß Sie vorhin sagten, Sie wären von Thibaut für die Mathematik gewonnen worden. Haben Sie sich mit dieser Wissenschaft viel beschäftigt?«
Einige Jahre hindurch nach Zeit und Umständen ziemlich viel. Ich habe sogar selbst ein mathematisches Buch geschrieben, das ich bald, wie einen verlorenen Sohn, in die Welt hinein laufen zu lassen gedenke.
»Um so mehr wundert mich, daß Sie diese erste aller Wissenschaften, in welcher Alles Gewißheit und Wahrheit ist, verlassen haben, um sich auf der Bahn der Geschichte zu versuchen, die bei jedem Schritte schwankt, und in einer Arbeit zu verharren, in welcher Sie, selbst mit drei Hebeln, nichts zu Tage fördern werden, das Ihnen nicht streitig gemacht werden könnte. Gewiß hat Johannes Müller Sie zu dieser Veränderung bestimmt.«
Johannes Müller hat allerdings einen großen Einfluß auf mich gehabt. Er hat mich schneller zum Entschlusse gebracht. Aber auch ohne ihn würde ich mich für die Geschichte entschieden haben. Ich habe schon die Ehre gehabt, Ew. Excellenz zu sagen, daß die Geschichte meine erste Liebe gewesen sei, und die erste Liebe hält fest. Auch haben meine Verhältnisse mir nicht verstattet, mich z.B. durch die Beobachtung der Wunderwerke des Himmels zu ergötzen oder zu erbauen, 87 oder nur auf der Erde mich einer bedeutenden Anwendung meiner theoretischen Kenntnisse zu erfreuen, und bei dem beständigen Verkehren mit Zahlen, Buchstaben und Figuren ist mir, ich muß es gestehen, begegnet, was Mephistopheles dem Schüler bei seiner Gottähnlichkeit weissagt: es ist mir bei aller Wahrheit und Gewißheit recht herzlich bange geworden.
»Giebt denn Ihnen die Geschichte, bei aller Ungewißheit, mehr Befriedigung, als die Wahrheit der Mathematik?«
Freilich! Die Geschichte ist gleich befriedigend für den Geist und das Herz, für den Verstand und das Gemüth, und zugleich regt sie die Phantasie allgewaltig auf und treibt, wie zum Denken, so zum Dichten. Auch wüßte ich nicht, warum eine geschichtliche Wahrheit weniger wahr sein sollte, als eine mathematische.
»Gewiß! nur kommt es darauf an, die Wahrheit herauszubringen. Könnte man die geschichtliche Wahrheit demonstriren, wie die mathematische, so wäre aller Unterschied verschwunden; so lange man das nicht kann, so lange wird wohl ein Unterschied bleiben, nicht zwischen dem, was wirklich wahr ist, sondern zwischen dem, was hier als wahr demonstrirt, dort als wahr angenommen wird. Was wirklich Geschichte ist, das ist auch wirklich wahr.«
»Aber nicht alles ist wirklich geschehen, was uns als Geschichte dargeboten wird, und was wirklich geschehen, 88 das ist nicht so geschehen, wie es dargeboten wird, und was so geschehen ist, das ist nur ein geringes von dem, was überhaupt geschehen ist. – Sie wissen ohne Zweifel, warum Sir Walter Raleigh seine Geschichte nicht fortgesetzt, sondern das Manuscript ins Feuer geworfen hat?«
O, ja, Ew Excellenz! Er that es, wie die Anekdote sagt –
»Er sagt es selbst.«
Das hab ich nicht gewußt; denn ich muß bekennen, daß ich noch nichts von Sir Walter gelesen habe. Dieser also warf die Handschrift ins Feuer, weil er Augenzeuge eines Vorganges gewesen war, den andere Augenzeugen, abweichend von einander, auch ganz anders erzählten, als er denselben selbst wahrgenommen hatte.
»Das ist uns anderen wohl auch schon ebenso gegangen, und es wird in früheren Tagen nicht anders gewesen sein.«
Mich wundert nur, daß Sir Walter eine besondere Erfahrung nöthig gehabt hat, um die Entdeckung zu machen, daß verschiedene Menschen jeden Gegenstand verschieden auffassen. Schon das alte Sprichwort: Duo, quum faciunt idem, welches doch gewiß ebensowohl vom Anschauen und Erzählen, als vom Handeln gilt, hätte ihm ja die große Wahrheit lehren können, und das Lesen mehrer Geschichtschreiber, welche denselben Gegenstand darstellen, hätte dieselbe bestätigen 89 mögen. Also, meine ich, hätte er sein Werk niemals anfangen, oder hätte es auch fortsetzen sollen.
»Sir Walter wußte gewiß längst, was wir alle wissen; er war aber in dem alten Schlendrian fortgegangen. Jetzt nun, als er den Vorfall vor seiner Wohnung mit eigenen Augen angesehen und alsdann die verschiedenen, abweichenden, unwahren Erzählungen vernahm, jetzt trat ihm plötzlich der Gedanke, daß es keine Wahrheit in der Geschichte gebe, in die Seele, und sogleich faßte er in seinem Unmuth den Entschluß, nicht ferner mitzuwirken zur Erhaltung und Verbreitung des Truges, nicht ferner seinen Zeitgenossen von der Welt der Vergangenheit ein falsches, ein lügenhaftes Bild vorzuhalten.«
Er muß aber doch, wie mir scheint, eine wunderliche Vorstellung von der Wahrheit der Geschichte gehabt haben; denn es versteht sich ja von selbst, daß der Historiker von den Begebenheiten und Ereignissen früherer Zeiten nichts anderes wissen kann, als was uns überliefert worden ist. Wenn er dieses redlich erforscht und ehrlich wiedergiebt, so, denk' ich, ist er alles Truges frei.
»Aber der Trug bleibt. Er ist nicht Urheber der Lüge, aber der Verbreiter; nicht der Dieb, aber der Hehler. Die Lüge fällt nur auf eure sogenannten Quellen-Schriftsteller zurück.«
Wenn diese Schriftsteller ehrlich und redlich aufgezeichnet haben, was sie wahrnahmen oder was zu 90 ihrer Kenntniß kam, so sind sie ebenso frei von Lug und Trug. Sie konnten nicht mehr geben, als sie hatten.
»Die Lüge bleibt immer; sie ist nur abermals zurückgeworfen, und zurückgeworfen auf die Sache selbst, und wir bekommen stets ein unwahres, ein verzerrtes, ein schiefes und falsches Bild von der früheren Welt. Und besser wäre doch wohl, sich gar nicht um die Vergangenheit zu kümmern, als falsche, also unnütze und verwirrende Vorstellungen von derselben mit uns herumzutragen. Dadurch werden wir nur verführt, auch die Welt, in welcher wir leben, falsch aufzufassen und verkehrt in ihr und auf sie zu wirken.«
Das wäre, wenn es so wäre, gewiß sehr schlimm; aber es würde auch zu dem Loose der Menschen gehören, und wir würden genöthigt sein, es zu tragen. Aber so ist es nicht. Die Abweichungen in den Erzählungen sind keineswegs sofort als falsche Angaben zu bezeichnen; sie entstehen vielmehr meistens daraus, daß der Eine etwas Anderes von dem Vorgange aufgefaßt hat, als der andere. Manches liegt auch in den Worten. Über den Ursprung und den Zusammenhang mögen Irrthümer vorkommen, weil weder jener noch dieser in die Augen fallen, sondern aus allgemeinen Notizen, aus Gerüchten, aus Vermuthungen erschlossen werden müssen. Zuweilen täuschen auch die Sinne, nach der Stellung der Zeugen. Dieser hält für schwarz, was dem Anderen als blau vorkommt und was dem dritten als grün erscheint. Über die eigentliche Thatsache aber, über das, was zunächst unser Interesse erregen muß, und was für spätere Ereignisse von der größten Bedeutung ist, weil es dieselben erzeugt oder bedingt, pflegen die verschiedenen Zeugen nicht von einander abzuweichen. Napoleons Bülletin mag etwas ganz anderes enthalten, als die österreichischen und russischen Berichte, und die Erzählungen der Officiere und Soldaten in den verschiedenen Heeren mögen vom Bülletin und von den Berichten abweichen, über die Thatsachen, die entscheidend sind und, weil sie entscheidend sind, der Geschichte angehören, über die Thatsachen, daß am 2. December 1805 eine Schlacht zwischen dem französisch-deutschen und dem russisch-österreichischen Heere bei Austerlitz stattgefunden, daß die Franzosen den Sieg gewonnen, daß die Russen sich nach Schlesien zurück gezogen, daß der Kaiser Franz hierauf im französischen Lager mit Napoleon eine Unterredung gehabt habe, daß hierauf zuerst ein Waffenstillstand und weiter ein Friede zu Preßburg abgeschlossen worden – über diese Thatsachen sind alle Nachrichten ebenso einig, als die Bedingungen des Friedens außer allem Zweifel stehen. Und so möchte ich gleichfalls glauben, daß selbst wegen des Ereignisses vor Raleigh's Wohnung die übrigen Augenzeugen mit ihm selbst und unter einander in vielem übereingestimmt haben: Ort, Zeit, Parteien (falls es Parteien gab), Ausgang und Folgen sind ohne Zweifel von allen auf gleiche Weise angegeben. Nun 92 will ich zwar keineswegs behaupten, daß die übrigen Erscheinungen, welche bei einem Ereigniß, z.B. bei der Schlacht von Austerlitz, vorkamen, ohne Bedeutung wären, und daß man deßwegen die Verschiedenheit der Angaben über dieselben auf sich beruhen lassen könnte, aber einen festen Anhalt gewähren doch jene Thatsachen unleugbar. Sie sind die Knochen, das Gerippe des Körpers, in einem besonderen Falle der Begebenheit, überhaupt der Geschichte. Die verschiedenen Angaben über die übrigen Erscheinungen, unter welchen und in welchen jene feststehenden Thatsachen stattfanden, hat der Historiker zuerst kritisch auf ihren wahren Werth zurückzuführen; er hat sie unter einander und mit den Thatsachen zu vergleichen; er hat sie, nach seinen Kenntnissen von der Lage und der Natur der Länder, von der Stellung der Völker zu einander, von der früheren und späteren Geschichte, von dem inneren Zustande der Staaten, von den Charakteren und den Gesinnungen der handelnden Menschen zu prüfen, und alsdann wird die Ungewißheit verschwinden, und dasjenige wird sich als die Wahrheit herausstellen, was er als geeignet zu Nerven, Fasern, Muskeln, Mark und Haut für jenes Gerippe erkennt, um dasselbe mit schaffendem Geist und künstlerischer Hand als einen lebendigen Leib hinzustellen.
»Das wird freilich eine große Operation sein, aber was der Historiker nach solcher Plage für Wahrheit hält, ist immer nur für ihn, ist nur subjective 93 Wahrheit; unbestreitbare, objective Wahrheit ist es nicht.«
Fichte beantwortete die Frage des Pilatus: was ist Wahrheit? – einmal mit folgenden Worten: Wahrheit ist, was nothwendig so gedacht werden muß, wie es gedacht ist, was schlechthin nicht anders gedacht werden kann.
»Nämlich von Fichte oder von mir. Also hat ein jeder seine eigene Wahrheit. Die mathematische Wahrheit aber ist für Alle dieselbe.«
Fichte erläuterte seinen Satz mit mathematischen Beispielen. Zwei zweimal gesetzt sei vier, weil es unmöglich sei, die Sache anders zu denken, sobald man nur wisse, was zwei und was vier. Er habe, sagte er, das Lachen nicht lassen können, als ihm zum ersten Male demonstrirt worden sei, daß vier Einheiten nicht mehr getrennt, sondern vereint gedacht, eben vier seien; denn das, habe er gemeint, verstehe sich ja von selbst und könne gar nicht anders gedacht werden. Und so würde alles, was nicht anders gedacht werden könne, nothwendig allgemein als Wahrheit erkannt werden, sobald es nur allgemein verstanden würde.
»Da eben liegt es. Der Unterschied ist, daß die Mathematik jeden Menschen zwingen kann, anzuerkennen, daß alle rechte Winkel gleich sind, daß Sie hingegen in historischen Dingen mich niemals zwingen können, Ihrer Meinung zu sein.«
Nein, aber ich glaube doch, daß ich jeden von der 94 Wahrheit zu überzeugen im Stande sein würde, der nicht etwa entschlossen wäre, sich nicht überzeugen zu lassen. Und das scheint mir ein Vorzug. Der Mathematiker zwingt die Menschen, die Wahrheit seiner Sätze anzunehmen, er unterwirft die Geister einem gewissen Fatalismus, bei welchem keine Freiheit der Entschließung möglich ist. Der Historiker läßt die Geister frei; er wendet sich an den ganzen Menschen, an Verstand, Herz und Gemüth, und will nur die freie Überzeugung gewinnen.
»Man braucht wahrlich nicht den Widerspruch zu seinem Grundsatze gemacht zu haben, um den Gang der Dinge anders zu denken, als sie uns überliefert oder von irgend einem Historiker dargestellt worden sind oder dargestellt werden können. Und so lange dieses der Fall ist, so lange wird es verstattet sein, die Geschichte des Irrthums zu zeihen, und ihre Überlieferungen als falsch anzusehen.«
Es leidet gar keinen Zweifel, daß auch der gelehrteste, redlichste, scharfsinnigste und geistreichste Historiker in Irrthümer verfallen kann, ja daß er in Irrthümer verfallen muß, weil auch er seinen Theil von dem allgemeinen Loose der Menschen zu tragen hat. Das ist aber auch kein Unglück. Lessing verbat sich ja die Wahrheit; er hielt das Suchen nach Wahrheit dem Menschen für zuträglicher, als die Wahrheit selbst. »Wenn,« sagt er irgendwo, »der liebe Gott vor mich hinträte und zu mir spräche: in der rechten Hand halte ich die Wahrheit, in der linken den Irrthum; Lessing, wähle! so würde ich antworten: Vater, die Wahrheit ist für Dich, laß mir den Irrthum.« Und wenn nun auch ein Historiker in seinem redlichen Irrthume das Geschehene anders darstellt, als es geschehen ist, welcher Schaden ist zu fürchten? Das Geschehene wird dadurch nicht ungeschehen, daß ein Historiker es übergeht; es wird dadurch nicht verändert, weder in seinem Ursprunge, noch in seinem Wesen oder in seinen Folgen, daß ein Historiker es unrichtig ableitet, unrichtig verlaufen und unrichtig wirken läßt, sondern es behält in der Vergangenheit die Stelle, die es gehabt, nimmt den Raum ein, den es ausgefüllt, und kann den Einfluß aus die spätere Zeit nicht verlieren, den es einmal ausgeübt hat. Auch werden die Überlieferungen, welche ein Historiker unrichtig gedeutet und unrichtig benutzt hat, nicht zerstört, sondern sie liegen unverletzt für und für vor der Welt. Also kann ein anderer Historiker die Geschichte von Neuem bearbeiten und die Irrthümer des ersten berichtigen; und sollte er selbst in neue Irrthümer verfallen, so mag ein dritter hinzutreten, beide zurechtweisen und die Wahrheit herstellen, die er erkannt zu haben glaubt. Auf solche Weise kommt Leben in das Studium der Geschichte, Leben in die Geschichtschreibung, und der Geist findet Gelegenheit, sich zu üben und zu versuchen, desto öfter, je zahlreicher und je abweichender die Überlieferungen und die Bearbeitungen sind. Überlieferungen hingegen, wie Sir Walter 96 Raleigh sie gewollt zu haben scheint, nämlich eine vollkommene Übereinstimmung aller Zeugen nicht nur über die Hauptthatsachen, sondern auch über alle Umstände, über alle Erscheinungen, unter welchen die Thatsachen geschehen sind, würde den Tod in das Studium und in die Geschichtschreibung bringen, selbst wenn ihr Zeugniß eben so vollständig als einstimmig wäre. Wir hätten alsdann an Einer Überlieferung vollkommen genug, und die seelenvollste Wissenschaft würde zu einem langweiligen Gedächtnißkram hinabsinken, zu einer drückenden Masse von Namen, Zahlen und Notizen. Ein Gipsabdruck, von einer Leiche genommen, hat gewiß die größte Ähnlichkeit mit dem Bau des Gesichtes des Hingeschiedenen, aber es ist eine seelenlose Larve, die uns nimmer das Bild des Mannes gewähren wird, wie er dagestanden hat voll von Leben und Kraft. Viel lieber will ich die Büste besitzen, welche der Künstler mit freiem Geist und freier Hand geschaffen hat, um den Charakter des Mannes, seinen Geist und seinen Willen, ja sein ganzes Leben und Sein hineinzulegen; und es verdrießt mich nicht, daß etwa das Wärzchen fehlt, das jene Larve getreulich aufgenommen hat. So will ich auch in der Geschichtschreibung nicht die nackte, todte, aber treue Wirklichkeit, sondern eine lebensvolle, farbenreiche Welt, welche die unzweifelhaften Thatsachen unverkürzt und unentstellt darbietet, aber mit poetischem Geist aufgefaßt und mit künstlerischer Hand ausgearbeitet.
»Sie machen also den Historiker zum Dichter.«
97Da ich selbst noch nichts in der Geschichte geleistet habe, Ew. Excellenz, so darf ich ja wohl meine Meinung aussprechen; denn ich rede nicht pro domo mea. Ich glaube wirklich, daß Geschichte nicht würdig geschrieben werden könne, ohne eine wahre poiêsis, und daß Niemand ein Historiker sein könne im schönsten Sinne des Wortes, dem die schöpferische oder dichterische Kraft fehlt. Denn er muß ja die Welt der Vergangenheit vor Augen haben, in welcher die Ereignisse stattfanden, die er darstellen will, und die er nur in der Anschauung dieser Welt darstellen und in ihrer ganzen und ächten Bedeutung darstellen kann. Diese Welt aber wird ihm nicht zur Anschauung dargeboten, sondern er muß sie schaffen, um sie anschauen zu können.
»Wenn man auch dieses zugäbe, so würde doch ein großer Unterschied zwischen dem Dichter und dem Historiker bleiben. Der Dichter schafft seine Welt frei, nach seiner eigenen Idee, und darum kann er sie vollkommen und vollendet hinstellen, der Historiker ist gebunden; denn er muß seine Welt so aufbauen, daß die sämmtlichen Bruchstücke hineinpassen, welche die Geschichte auf uns gebracht hat. Deßwegen wird er niemals ein vollkommenes Werk liefern können, sondern immer wird die Mühe des Suchens, des Sammelns, des Flickens und Leimens sichtbar bleiben.«
Um so größer ist die Aufgabe des Historikers, um so schwieriger seine Arbeit, um so mehr verdient ein gelungenes geschichtliches Werk Dank, Ehre und Preis, 98 ein weniger gelungenes Nachsicht und Schonung. Auch darf nicht übersehen werden, daß der Dichter nur seine eigene Idee, so tief und groß, als die Kraft seines Geistes sie zu fassen vermag, darzustellen sucht, der Historiker aber die Idee Gottes, wie sie sich im Leben der Menschen offenbart hat.
»Am Ende steht Ihnen der Historiker über dem Dichter.«
Ja nicht, Ew. Excellenz! Ich kann mich überhaupt mit der Stufenleiter, auf welche man die Geister zu stellen pflegt, nicht recht vertragen, und möchte glauben, daß die Bahnen des Geistes nicht unter einander gebaut sind, sondern neben einander fortlaufen. Jedenfalls glaube ich, daß derjenige, der Tüchtiges in der Geschichte leistet, niemanden seine Stelle zu beneiden brauche.
»Wenn ich nun aber aus Ihren Bemerkungen über geschichtliche Forschung und Geschichtschreibung das Resultat ziehe, so scheint doch, mit Schillers Worten, der langen Rede kurzer Sinn zu sein, daß Faust recht habe:
Was man den Geist der Zeiten heißt,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln.«
Mit diesem classischen Spruche bin ich vollkommen einverstanden. Wenn uns aber die Herren Geist geben und wäre es auch der eigene, und wenn sie uns in diesem Geiste das Spiegelbild der Zeiten 99 zeigen, so können wir, denke ich, einigermaßen zufrieden sein.
»Aber nun doch noch eine Frage. Was wollen Sie denn zuletzt mit Ihrer Geschichte, mit allen diesen historischen Wahrheiten, Irrthümern, Dichtungen? Welches ist das endliche Ziel Ihrer Studien und Ihrer Bestrebungen?«
Das ist eine große Frage, Ew. Excellenz, die eine weitläufige Antwort nothwendig macht. In der Kürze wüßte ich sie in der That nicht besser zu beantworten als mit Faust's Worten:
– Was der ganzen Menschheit zugetheilt ist,
Will ich in meinem inneren Selbsterkennen.
»Genießen, wollen Sie sagen.«
Ew. Excellenz halten's zu Gnaden: ich möchte doch bei dem Erkennen bleiben, und mich mit dem Genusse begnügen, den etwa das Erkennen abwirft. Das Erkannte aber möchte ich alsdann durch Lehre und Schrift mittheilen. Übrigens darf ich wohl nicht hinzufügen, daß ich natürlich nur von meinem Wunsch und Willen gesprochen habe; das Vollbringen liegt nur zum kleinsten Theil in des Menschen Hand. Aber in magnis voluisse sat est.
»Ja, ja. Wir haben nunmehr Stoff zu vielen künftigen Unterhaltungen. Aber es ist schon weit am Tage, wir müssen's dießmal unterbrechen.«
Indem ich nun meine Entlassung zu nehmen gedachte, sagte ich ungefähr folgende Worte: Ich kann 100 nicht aussprechen, mit welchen Gefühlen ich von Ew. Excellenz scheide. Der gestrige Abend hatte mir die Brust mit der heitersten Freude angefüllt, und mit die ser Freude trat ich diesen Morgen bei Ihnen ein. Im Laufe des Gespräches aber ist ein Schatten in diese reine Heiterkeit gefallen, dem ich nicht auszuweichen vermocht habe, und der mich jetzt, da ich Ew. Excellenz verlassen soll, etwas stark zu incommodiren anfängt.
»Wie so, Lieber? Was ist denn das?«
Seit ich die Vocation nach Jena angenommen hatte, hat mich der Gedanke begleitet, daß mir nun auch das Glück beschieden sein möchte, nach welchem ich mich schon lange gesehnt hatte, das Glück, in die Nähe Ew. Excellenz zu kommen, Sie zu sehen, Sie zu sprechen. Und doch vermochte ich die Erfüllung dieses Wunsches nicht ohne große Ängstlichkeit zu denken. Zu meiner Sehnsucht mischte sich, bei meiner Verehrung und Be-wunderung des Fürsten der Dichter, ich möchte sagen, eine heilige Scheu. Ich fürchtete, daß ich, wenn mir einmal die Ehre zu theil werden möchte, Ew. Excellenz vorgestellt zu werden, wie ein Berauschter vor Ihnen erscheinen möchte, unbehülflich, hölzern, verwirrt, tölpelhaft. Der gestrige Abend hat mich nun über alle Verlegenheit rasch und glücklich hinweg gerissen, aber ich fürchte, er hat mich zu weit hinweggerissen; ich fürchte, daß ich heute gesprochen habe, wie ich nicht hätte sprechen sollen. Ich bin aber in die Rednerei hineingekommen, 101 ich weiß selbst nicht wie. Ich habe wohl gefühlt, daß ich nicht hätte hinein kommen sollen, da ich aber einmal hinein gekommen war, so vermochte ich mich nicht wieder hinaus zu finden. Was ich Irriges gesagt haben mag, das werden Ew. Excellenz gewiß nicht beachtet haben, aber ich bitte so unterthänig als herzlich, mir auch zu Gnaden zu halten, was etwa Ungebührliches und Ungehöriges vorgekommen ist.
»Ei, lieber Herr Professor, seien Sie darüber ganz ruhig. Wir haben unter vier Augen gesprochen, im Ernst und im Scherz, und ich wüßte nicht, was wir, einer dem anderen, vorzuwerfen oder übel zu nehmen hätten. Unser Gespräch hat mich interessirt und unterhalten, sonst würde es wohl auch nicht so lange gedauert haben. Ich habe in Ihnen einen jungen Mann kennen gelernt, der klar sehen will, der sich nicht durch hohle Worte verwirren und nicht durch Blendwerke irre führen läßt. Sie streben eifrig nach Wahrheit, ohne der Poesie entfremdet zu sein, selbst ihre täuschenden Gebilde mögen Sie wohl leiden. Das ist löblich und gut. In Ihrem wissenschaftlichen Treiben sind Sie auch auf gutem, auf dem rechten Wege. Fahren Sie fort, in der Geschichte zu leben und kühn in die vergangenen Zeiten zu schauen, ungestört von den Wirrungen der Gegenwart. Forschen Sie mit Anstrengung aller Kräfte in den Jahrbüchern der Völker; theilen Sie ehrlich und redlich mit, ohne alle Nebenabsicht, was Sie durch Ihre Forschung als wahr erkannt zu haben glauben, in Wort 102 und Schrift; in Ihrer Darstellung aber machen Sie sich frei von jedem Vorbilde, und geben Sie namentjede Hämmerung und Verrenkung auf, die an Johannes Müller, der selbst nur ein Nachahmer von Tacitus ist, erinnern könnte; überhaupt fröhnen Sie nicht der Geschmacklosigkeit der Zeit und verachten Sie die Weisheit, die in den s. g. literärischen Blättern altklug verkündigt zu werden pflegt. Schreiben Sie vielmehr klar und einfach, ohne Scheu vor einem poetischen Anflug, und ziehen Sie eine bequeme Entwickelung der geschraubten Kürze vor, die man schlagend zu nennen und hoch zu bewundern pflegt. Sie werden späteren Geschlechtern gefallen, wenn Sie auch den Tadel Ihrer Zeitgenossen zu erdulden haben sollten. Jedenfalls hoffe ich von Ihrer Anstellung in Jena Gutes für Sie selbst und für die Universität. Und nun« (mir die Hand reichend) »leben Sie recht wohl. Auf baldiges Wiedersehen!« ]
Ich mochte mich 12 bis 16 Schritte entfernt haben, als Goethe mir nachrief: »Herr Professor Luden.« – Rasch kehrte ich um, und fragte nach seinen Befehlen. »Ich habe Sie,« sagte er »gebeten, mich in Weimar zu besuchen, habe aber vergessen hinzuzusetzen: kehren Sie ja nicht in einem Wirthshause ein, sondern fahren Sie bei mir vor. Es soll immer ein Couvert für Sie bereit gehalten werden, und so oft Sie über Nacht in Weimar bleiben können und wollen, sollen Sie auch ein Bette finden. Und so noch einmal: leben Sie recht wohl!«
1 Diese Verse sind wohl nicht ganz richtig, obgleich ich sie oft ins Gedächtniß zurückgerufen habe. Nur den Reim glaube ich als ächt bezeichnen zu können, und den Sinn gewiß.
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