Vier Gedankenkreise, widerspruchsvoll und doch einander ergänzend, brauen Fausts Philosophie zusammen. Die Bibel, Homer, Virgil, Buffon, Diderot, Voltaire können neben dem Puppenspiel als Quellen gerechnet werden. „Was Goethe las,“ schrieb Karoline v. Wolzogen an ihre Nichte Emilie im Jahre 1828, „was wir, deine Mutter und ich, damals lasen, als wir jung waren und unseren Geist bildeten, sah ich eingefügt in die herrliche Dichtung, ebenso wie die landschaftlichen Erinnerungen an seine Reisen.“
Was die Welt ihm als Schauspiel irgend geboten, faßt dieser Theaterdirektor Goethe in einem Riesenschauspiel zusammen, wo Zeiten, Völker, Weltanschauungen mitspielen in einem gewaltigen Mysterium.
Das Leben ist sein Mitarbeiter an dem Stücke und des Lebens Pilgerfahrt sein eigentliches Argument.
Um diesen ungeheueren Stoff zu fassen, bedurfte es einer gegebenen Form. Und diese Form war das Schema. Hier dient jene Bemerkung Karolinens als Hinweis, die ich in ihren Papieren fand und die mich auf den Gedanken brachte, dem Schema nachzugehen, wie es Goethe beim endgültigen Aufbau des ‘Faust’ vor Augen hatte. Die Bemerkung ist ohne näheres Datum in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts niedergeschrieben und lautet: [ Biedermann-Herwig Nr. 7280: „Wir sprachen heute bei Tisch mit Goethe über den ‘ Faust’. Das Schema trat klar zu tage, die Einzelheiten zurück, die mich bisher gestört hatten, alles klar zu erfassen. Das Wesen des mittelalterlichen Mysteriums enthüllte sich vor meiner Seele.“ ]