7. FR. v. MATTHISSON AN C. V. v. BONSTETTEN1
Mitgetheilt von L. Bobé.
Wörlitz d. 14. Jun. 1824.
– – [ Biedermann-Herwig Nr. 5468: In Weimar (d. 15. May) war mein erster Gang zu Göthe, der so eben von Jena zurückkam, wo er seinen ältesten und besten Freund Knebel (den trefflichen Uebersetzer des Lukrez) besucht hatte.
Kräftig und mit völlig gerader Haltung trat mir der alte Dichterkönig entgegen. Jede Spur der schweren Krankheit war verschwunden. Selten schuft die Natur wol ein Auge aus gediegenerem Feuerstoff, als das Auge Göthe’s, das trotz der schwarzen Schatten des Alters seinen Glanz eben so klar und ungetrübt erhalten hat, wie das Deine. Dein Latium2 ist ihm besonders lieb. Ich soll Dich seiner vieljährigen Achtung versichern. Er wäre Dir so gern im Leben begegnet. Unser Gespräch begann mit Dir, dann ging es über auf die verschiedenen Epochen, in welchen Göthe und ich seit 1783 einander begegnet waren. Auf meine Frage, ob er nichts weiter für den Faust thun werde? war die Antwort: »Das ist größtentheils schon geschehen.« Schon hatte ich Abschied genommen, als ihm plötzlich noch etwas einzufallen schien. »O warten Sie noch einen 107Augenblick! Ich muß Sie noch einem alten Freunde vorführen.« Nun ging er einen Schlüssel zu holen und öffnete ein Zimmer, wo mir Knebels ähnliches Bild ein gar freundliches: Willkommen! zulächelte. Lieber, lieber Knebel! rief ich aus, und Göthe schien sich meiner Ueberraschung zu freuen. ] –