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Pfingst-Sonntag.

Herrlicher Morgen! Ein Spaziergang beim Selters-Trank erfrischte mich an Geist und Gemüth. Ich konnte nicht satt werden, mich in behaglichster Ungebundenheit in den grünen Gründen zu ergehen und jedes frischen Zweiges und Baumes zu erfreuen, und des Geistlichen kräftige Predigt vom Lebensmuthe fand mich in der empfänglichsten Disposition. Ein schönes Thema: „Euer Herz sei voll Muth, denn es wird mein Geist kommen, der Euch tröstet.“

[ Biedermann-Herwig Nr. 3937: Wir tafelten lange bei Goethe. Er schien mir sehr angegriffen durch den Gedanken an das bevorstehende Duell seines Sohnes. Seine Unzufriedenheit über der Frau von Staël Ur 9theile

1 Die Beurtheilung in „de L’Allemagne.“ Deutsche Ausg. Berlin 1814 II, II, 71.

über seine Werke brach lebhaft hervor. Sie habe Mignon bloß als Episode beurtheilt, da doch das ganze Werk dieses Karakters wegen geschrieben sei. Meister müsse nothwendig so gährend, schwankend und biegsam erscheinen, damit die andern Karaktere sich an und um ihn entfalten könnten, weßhalb auch Schiller ihn mit Gil Blas

2 Histoire de Gil Blas de Santillane von Le Sage.

verglichen habe. Er sei wie eine Bohnenstange, an dem sich der zarte Epheu hinaufranke. Die Staël habe alle seine, Goethe’s, Productionen abgerissen und isolirt betrachtet, ohne Ahnung ihres innern Zusammenhangs, ihrer Genesis. Daher sei ihre Kritik über Schiller

3 Fr. v. Staël a. a. O.

so viel besser, weil dessen allmähliche Ausbildung in der chronologischen Folge seiner Stücke klar vorliege.

Riemer mußte den für Halle

4 Goethe’s Werke XV. 321.

entworfenen Prolog und das Lobspiel auf Reil vorlesen. Auch von dem unternommenen Stück zu des Königs von Preußen Empfang in Berlin wurde gesprochen.

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